Der
Weißkamm ist der am stärksten vergletscherte Kamm der Ötztaler
Alpen. Er setzt an der Weißkugel (3738 m) im Hauptkamm an und zieht
nach Nordosten über die Ötztaler Wildspitze
(3772 m) bis zum Söldener Gletscherskigebiet Rettenbachferner. Mitten
in den gewaltigen Gletscherflächen von Gepatschferner (nach der Fläche
der drittgrößte der Ostalpen) und Kesselwandferner liegt das
Brandenburger Haus (3272 m, Bild) auf einem Felssporn der Dahmannspitze.
Schon der Hüttenzustieg ist eine abwechslungsreiche Hochtour. Vom
Brandenburger Haus aus lassen sich zahlreiche Hochtouren aller Schwierigkeitsgrade
unternehmen. Eine interessante einfache Hochtour ist der Übergang
zum Vernagthütte über das Obere Guslarjoch (3361 m), von wo man
noch einen kurzen Abstecher auf den aussichtsreichen Fluchtkogel
(3500 m) unternehmen kann..
Ausgangspunkt ist Vent (1896 m) im
hintersten Venter Tal, einem Seitental des Ötztals. Der Weg führt
zunächst recht eben, aber teilweise ausgesetzt an den Nordhängen
des tief eingeschnittenen Rofentals entlang zum Hochjoch-Hospiz
(2413 m, DAV Berlin), das am Südhang der Guslarspitze gelegen ist
(ca. 2,5 Stunden). Schon von hier hat man prachtvolle Aussichten auf die
Fineilspitze (3514 m) und Weißkugel (3738 m) im Ötztaler Hauptkamm.
Weiter über den Deloretteweg durch die Südostflanke der Guslarspitze
zum Kesselwandferner. Die eindrucksvolle Aussicht auf die Weißkugel
und den mächtigen Eisstrom des Hintereisferners, den sie nach Nordosten
entsendet, wird immer mit jedem Höhenmeter, den man gewinnt, immer
beherrschender und läßt die Mühen des Steigens vergessen.
Den stark zerklüfteten unteren Teil des Kesselwandferners umgeht man
auf dem markierten, stellenweise ausgesetzten Steig an seiner Nordseite.
Erst auf etwa 3000 m betritt man das obere flache Gletscherbecken. Der
Weg über den Ferner zu dem schon sichtbaren Brandenburger Haus ist
mit Stangen abgesteckt (ca. 3,5 Stunden vom Hochjoch-Hospiz). Laut Klier
(alpin 6/2000 S. 23) gibt es dort keine Spalten. Wir haben auch keine entdeckt,
die den Hochtourengeher verschlingen könnten, aber vorsichtshalber
dennoch angeseilt.
Das
Brandenburger
Haus (3272 m, DAV
Berlin) liegt in aussichtsreicher Lage auf einem Felssporn
der Dahmannspitze inmitten der weiten Firnflächen des Gepatsch- und
Kesselwandferners. Im Südwesten dominiert die Weißkugel (3738
m), die der Hütte die scharfe Fels- und Firnschneide ihres anspruchsvollen
Nordgrates zuwendet. Das letzte Abendlicht der tief im Westen stehenden
modelliert die Unebenheiten aus dem Gepatschferner. Der Nordgrat
der Weißkugel ist durch die scharfe Licht-Schatten-Grenze zu erkennen.
Hüttenwirt auf dem Brandenburger Haus ist seit der Sommersaison 2000
Thomas Pirpamer. Die Familie Pirpamer betreibt in Vent das Hotel
Post und das Appartmenthaus
Wildspitz mit einem netten Restaurant, in dem u.a. hervorragende Pizzen
serviert werden. Außerdem gehört ihr die Similaunhütte
auf dem Niederjoch, Stützpunkt für die Besteigung von Similaun
und Fineilspitze.
Vom
Brandenburger Haus sollte man auf keinen Fall den kurzen Abstecher zum
Hüttenberg versäumen. Die Dahmannspitze (3400 m) ist über
einen bezeichneten Weg von der Hütte in 20 Minuten über Fels
und ein flaches Firnfeld ohne nennenswerte Schwierigkeiten erreichbar.
Die Aussicht von der Dahmannspitze ist überwältigend. Zu Füßen
des schroffen Felszackens auf allen Seiten der mächtige Firn von Gepatsch-
und Kesselwandferner. Im Nordosten sieht man hinter dem Fluchtkogel, der
uns seine verfirnte Südwestflanke zuwendet, die Wildspitze (in der
rechten Bildhälfte).
Der
Ötztaler Hauptkamm läßt sich in seiner gesamten Länge
von der Weißkugel, über Fineilspitze, Similaun, Marzellspitzen,
Hintere Schwärze bis zur Hohen Wilde überblicken. Im Bild der
Blick nach Südwesten über den Kesselwandferner auf den Kreuzkamm,
dahinter der Hauptkamm mit Similaun und Fineilspitze. Im Westen bietet
der praktisch vollständig eisfreie Glockturmkamm mit seinen dunklen
Gesteinen einen interessanten Gegensatz zum glitzernden Firn des Weiß-
und Hauptkamms.
Der
Übergang vom Brandenburger Haus über das Obere Guslarjoch zum
Vernagthaus ist eine lohnende Gletschertour, die zudem noch die Besteigung
des Fluchtkogels sozusagen en passant ermöglicht. Der Fluchtkogel
(3500 m) in der Mitte des Weißkammes zählt nicht zu den renommierten
Gipfeln der Ötztaler Alpen. Ein Besuch lohnt sich dennoch wegen der
fantastischen Aussicht. Von der Brandenburger Hütte quert man nahezu
eben über den Kesselwandferner zum Oberen Guslarjoch (3361 m, 45 Minuten).
Man sollte nicht versäumen, den Blick zurück zu wenden. Die mächtige
Weißkugel thront über dem Firn des Gepatschferner, davor der
Felssporn der Dahmannspitze mit dem Brandenburger Haus (im Bild).
Am
Oberen Guslarjoch macht man zweckmäßigerweise Rucksackdepot
und bindet sich aus. Von Oberen Guslarjoch geht man über den maximal
30 Grad steilen Firnhang zum Gipfel. Bei guten Firnverhältnissen ist
der Gipfelanstieg völlig unproblematisch. Mit jedem Schritt weitet
sich der Blick, der vom Gipfel nahezu umfassend ist. Außer den umgebenden
Ötztaler Alpen sind unter anderem auch die Ortler und Berninagruppe
in der Ferne deutlich zu erkennen. Auf dem Bild sind Heike und Bernhard
kurz vor dem Gipfel, im Hintergrund Gepatsch- und Kesselwandferner, die
durch den scharfen Grat der Oberen Kesselwände getrennt werden. Die
erste Spitze rechts vom Brandenburger Haus ist die Dahmannspitze. Der Abstieg
zum Oberen Guslarjoch erfolgt auf dem Anstiegsweg.
Vom
Oberen Guslarjoch steigt man über den Guslarferner und den Steig über
die nördliche Randmoräne hinunter zur Vernagthütte
(2766 m, DAVS Würzburg). Den Guslarferner darf man auf keinem Fall unangeseilt
begehen, es gibt einen gähnenden Bergschrund und große Spalten!
Die Ostflanke des Fluchtkogels über dem Guslarferner bietet mit ihren
schroffen Felsen ein gänzlich anderes Bild als die zahme Firnflanke
der Südwestflanke. Im Bild sieht man links vom Fluchtkogel den Einschnitt
des Oberen Guslarjoches. Von der Vernagthütte geht es über den
bezeichneten Steig hinab nach Vent. Zunächst hinunter zum Vernagtbach,
an dem man nahezu eben bis zum Plattei entlangläuft. Von dort geht
es recht steil durch die Hänge des Rofentals hinab nach Rofen und
Vent.
Gesamtgehzeiten:
1. Tag: Vent - Hochjochhospiz - Brandenburger Haus: 1380 Hm, 6 Stunden
2. Tag: Brandenburger Haus - Oberes Guslarjoch (1 h) - Vernagthütte
(1,25 h) - Vent (2,5 h)
Besteigung Fluchtkogel vom Oberen Guslarjoch zusätzlich: 40 Minuten
Insgesamt 270 Hm Auf- und 1630 Hm Abstieg
Karte: Alpenvereinskarte Ötztaler Alpen/Weißkugel
30/2
Freytag und Bernd: Wanderkarte 251
Führer: Klier, Alpenvereinsführer Ötztaler
Alpen