Hochtouren in der Ortlergruppe
Gemeinschaftstour der Sektion
München des DAV vom 7.-10.9.2000
Cevedale (3769 m)
Der
Cevedale (3769 m) ist ein beliebter einfacher Hochtourengipfel in
der Ortlergruppe, der über einen mäßig steilen Firnanstieg
erreicht werden kann. Es ist die ideale Eingehtour, bevor der längere
und schwierige Anstieg auf den Ortler in Angriff
genommen wird. Ein günstiger Ausgangspunkt ist die Schaubachhütte
(Città di Milano, CAI Milano, 2581 m), im hintersten Suldental unterhalb
des berühmten Suldener Dreigestirns - Ortler, Zebrú, Königspitze
- gelegen (im Bild von rechts nach links). Zur Schaubachhütte geht
man auf einer breiten Schotterfahrstraße - für den allgemeinen
Verkehr gesperrt - ca. 1,5 Stunden. Der Weg kann nicht unbedingt als landschaftlich
oder sonstwie interessant bezeichnet werden. Benutzt man die Seilbahn (Suldenbahn),
deren Bergstation wenige Meter oberhalb der Hütte gelegen ist, erreicht
man die Hütte in wenigen Minuten völlig mühelos. Benutzung
der Suldenbahn ist dann empfehlenswert, wenn man den Cevedale als Tagestour
machen will.
Von
der Schaubachhütte geht man nach Süden über den Weg, der
sich im Moränenschotter manchmal fast verliert, zum Suldenferner,
den man auf etwa 2770 m erreicht. Über den recht steilen Gletscher
schlängelt sich die fast immer vorhandene Trasse um die Spaltenzonen
herum zur Janinger Scharte (Forcella di Solda, 3223 m, Firn bis zur Scharte).
Von dort kann man zum ersten Mal den Cevedale sehen (Im Bild der rechte
Gipfel, links die Zufallspitze, davor der Langenferner).
Von
der Scharte quert man leicht absteigend nach Süden. Direkt unterhalb
der Scharte auf der Ostseite ist der Firn etwas durchsetzt mit Fels bzw.
Schotter, was stellenweise etwas unangenehm ist. Bald wird das Gelände
wieder flacher und man erreicht den weiten Firn des Langenferners. Man
geht weiter Richtung Casatihütte, bis man auf die breite Trasse von
der Casatihütte zum Cevedale stößt. Dann steigt man mäßig
steil über den Langenferner in südöstlicher Richtung an
(etwa auf die Mitte des Grates zwischen Zufallspitze und Cevedale zu).
Von dort führt ein kurzer steiler Firnanstieg (etwa 30 Grad) nach
Südwesten bis zum Grat (eventuell Blankeis). Noch wenige Meter über
den etwas ausgesetzten Firngrat (Bild) zum Gipfel. Meist gute Trasse.
Vom
Gipfel des Cevedale hat man eine umfassende Fernsicht: Im Süden sieht
man den Kessel des mächtigen Fornogletschers (Bild), im Osten Brenta
und Dolomiten. Im Westen direkt gegenüber die Königspitze mit
der Südostflanke, durch die der Normalanstieg erfolgt, im Hintergrund
die Berninagruppe.
Gehzeiten:
Talstation Sulden-Seilbahn (1911 m) - Schaubachhütte (2581 m):
680 Hm, 1,5 h
Schaubachhütte (2581 m) - Cevedale (3769 m): 1250 Hm, 4 h, Abstieg
2,5 h
Ortler (3905 m)
Der
Ortler ist ein mächtiger Kalkklotz mit einer Eishaube im Vinschgau.
Mächtig thront er über dem Suldener Tal (Im Bild Innensulden
mit St. Gertraud vor der Ostflanke des Ortlers). Heute ist er mit seinen
3905 Metern (nach italienischer Vermessung) nur noch der höchste Berg
Südtirols und damit auch des als politische Einheit allerdings nicht
mehr existierenden Gesamttirols. Den Großglockner (3798 m), dessen
Gipfel genau auf der Grenze zwischen Osttirol und Kärnten liegt, übertrifft
er nämlich um mehr als 100 Meter. Zwei weitere Ehrentitel hat er allerdings
im Lauf der Zeit verloren. Seit der Abtretung Südtirols an Italien
nach dem Ersten Weltkrieg ist er nicht mehr der höchste Berg Österreichs.
Und da die Geographen die Grenze zwischen den West- und Ostalpen neu und
unabhängig von politischen Grenzen gezogen haben, hat er seinen Rang
als höchster Berg der Ostalpen an den Piz Bernina (4049 m) verloren.
Ein lohnendes Gipfelziel für ambitionierte Bergsteiger ist der Ortler
selbstverständlich geblieben. Der Normalweg verläuft im wesentlichen
auf dem zum Teil vergletscherten Nordgrat (im Bild von rechts zum Gipfel).
Auf der markanten Graterhebung im rechten Bilddrittel liegt die Payerhütte,
der Stützpunkt für die Ortlerbesteigung über den Normalweg.
Für
den Normalweg ist die Payerhütte
(3029 m, CAI Milano) auf dem Tabarettakamm der Ausgangspunkt. Man erreicht
sie von St. Gertraud in Sulden über den bezeichneten und gut ausgebauten
Weg Nr. 4. Vor dem Abmarsch sollte man einen kurzen Rundgang über
den Friedhof von St. Gertraud machen. Auf den Grabsteinen begegnen einem
unter anderem die Namen der berühmten Suldener Bergführerfamilien
Pinggera und Reinstadler. Zunächst steigt man gemütlich durch
Wald an und erreicht bald ein riesiges vom Ortler herabziehendes Geröllfeld.
Nach dessen Querung ist noch der steile, schweißtreibende Schlußanstieg
zur Tabarettahütte (2556 m, ca. 1,5 Stunden) zu bewältigen, die
in aussichtsreicher Lage auf einem grasigen Rücken liegt. Von der
Terrasse der Tabarettahütte blickt man senkrecht hinauf zur Payerhütte,
die wie ein Adlerhorst auf dem Tabarettakamm sitzt. Der Weiterweg führt
durch die Geröllkare des Muttgrabens zur Bärenkopfscharte und
dann auf der Westseite des Tabarettakammes auf einem gut ausgebauten, aber
recht ausgesetzten und stellenweise versicherten Steig zur Payerhütte.
In
der Payerhütte darf man an schönen Wochenendtagen keine Gemütlichkeit
erwarten. Bei uns war sie bis unters Dach gefüllt (Samstag auf Sonntag
bei hervorragendem Wetter Anfang September). Wer nicht reserviert hatte,
mußte sich mit einer Matraze im Flur oder auf der Treppe begnügen.
Fließendes Wasser zum Waschen gibt es nicht. Die Hüttenwirtin
und ihr Team behielten den Überblick über das Chaos und ertrugen
es mit Gleichmut. Das 3-Gänge-Abendmenu mit Pasta/Suppe, Hauptgericht
und Dessert war für die beschränkten Möglichkeiten einer
derart exponierten Hütte hervorragend und wurde in zwei Schichten
serviert, da der Gastraum nicht genügend Platz für alle Gäste
bietet (HP mit Lager 50.000 Lire). Wer in der ersten Schicht essen durfte,
konnte danach in aller Ruhe vor der Hütte den Sonnenuntergang hinter
dem Stilfser Joch genießen und das faszinierende Farbenspiel am Abendhimmel
danach (Bild).
Am
nächsten Morgen heißt es zeitig aufstehen, um in der Gaststube
einen Platz zum Frühstücken zu ergattern (wird ab 5 serviert).
Die Knappheit an Frühstücksplätzen hat den positiven Effekt,
daß das Starterfeld der Gipfelaspiranten ein wenig entzerrt wird.
Hat man diese Hürde erfolgreich überwunden und sich ausreichend
gestärkt, kann man sich auf den Weg zum Gipfel machen. Man quert zunächst
die Tabarettaspitze auf einem guten Steig in der Westflanke. Bei leichter
Vereisung am Morgen und wenn man zu faul ist, die Steigeisen anzuziehen,
kann das durchaus eine heikle Rutscherei werden (Laut AVF oft Schneefeld).
Man kommt zu einer Scharte, von der man nach links abklettert und wieder
einen guten Steig erreicht.
Nun
geht es auf einem ausgesetzten Steig, immer wieder von kurzen, ausgesetzten
Kletterstellen (I) unterbrochen, hinauf auf den Grat und hinab die Scharte
vor den steilen Felsen des Tschirfecks (kleine grüne Striche als Markierungen,
die man leicht übersehen kann, aber die Begehungsspuren der z.T. glattpolierten
Felsen sind unübersehbar). Die praktisch senkrechte Kletterpassage
am Tschirfeck ist durch eine durchgehende Kette erleichtert (kürzlich
saniert, die im AVF erwähnte Eisenleiter gibt's nicht mehr). Nun direkt
auf dem Grat nach Süden (nicht in die Westflanke ausweichen, auch
wenn Steigspuren dazu verführen) bis zum Gletscher. Am Grat zunächst
Gehgelände, dann Kletterstellen bis III, aber ausreichend gute Sicherungsmöglichkeiten
(Stangen, Haken, 1 SL).
Damit
sind die Schwierigkeiten im Fels überwunden und von nun an führt
ein reiner Gletscheranstieg bis zum Gipfel. Zunächst nach rechts (Westen)
ziemlich ausgesetzt ins Bärenloch queren, vorbei an den vom Bivacco
Lombardi herabziehenden Felsgrat. Durch das Bärenloch über steilen
Firn oder Eis, das Bivacco links liegen lassend, hinauf zu einem flacheren
Teil des Oberen Ortlerferners, nahe am Abbruch der Nordwand über dem
Suldener Tal (Bild).
Noch
einmal wird der Gletscher etwas steiler, bevor man das flache oberste Gletscherbecken
erreicht hat. Dort im großen Bogen einen Abbruch umgehend zum Ansatz
des kurzen Gipfelgrats und über diesen auf den Gipfel (Bild). Man
ist froh auf diesem letzten Teil nach den Fels- und Eispassagen, die stets
volle Aufmerksamkeit erforderten, einfach vor sich hin trotten und dabei
die sich immer mehr weitende Aussicht genießen zu können.
Die
Aussicht vom Gipfel ist überwältigend, da der Ortler alle Berge
im weiten Umkreis überragt. Im Osten wird er von keinem Alpengipfel
überragt, im Westen finden sich die ersten höheren Gipfel in
der mehr als 50 km entfernten Berninagruppe. Im Bild erkennt man den berühmten
Biancograt des Piz Bernina im Profil (rechts), während der Piz Palü
links von der Bernina von dieser Seite keine besonders gute Figur macht.
Im Nordwesten ist die Silvretta mit der dunklen Pyramide des Piz Linard
und der markanten doppelgipfligen Gestalt des Fluchthorns zu erkennen.
Im Nordosten dominiert die markante Weißkugel im Ötztaler Hauptkamm,
die ihre Umgebung weit überragt.
Abstieg auf Aufstiegsweg.
Der Normalweg auf den Ortler ist deutlich schwieriger als z.B. der
Normalweg auf die Ötztaler Wildspitze. Er erfordert Sicherheit in
Fels und Eis. Im Bärenloch trafen wir im September kurze Blankeispassagen
an, die über gähnend offenen Spalten, dann doch etwas unangenehm
sind.
Zusätzliche Bilder hier.
Gehzeiten:
Sulden, St. Gertraud (1844 m) - Tabarettahütte (2556 m): 710 m,
1,5 Stunden
Tabarettahütte - Payerhütte (3029 m): 470 m, 1 Stunde
Payerhütte - Ortler (3905 m): 4,5 Stunden
Ortler - Payerhütte: 3,5 Stunden (mit Stau)
Payerhütte - Sulden: 2 Stunden
Führer:
Peter Holl, AVF Ortleralpen
Internet:
Eine Tourenbeschreibung vom Hintergrat
auf den Ortler
Schöne Bilder vom Cevedale bei Bergdias.de