Piz Buin (3312 m) und Hohes Rad (2964 m)
Der Piz Buin ist zwar nur der dritthöchste Gipfel der Silvretta (nach
Piz Linard und Fluchthorn), aber der höchste im Silvretta-Hauptkamm
und wohl mit Abstand der am meisten besuchte Gipfel der Silvretta, denn
er ist im Gegensatz zu den beiden genannten recht einfach erreichbar. Er
steht auf der Grenze zwischen dem schweizer Unterengadin und dem österreichischen
Bundesland Vorarlberg, dessen höchste Erhebung er gleichzeitig ist.
Die Besteigung des Piz Buins ist eine bei guten Bedingungen unproblematische,
aber abwechslungsreiche und lohnende Hochtour. Einsamkeit darf man allerdings
an schönen Tagen im Sommer kaum erwarten. Von der großen Wiesbadener
Hütte gehen zahllose Seilschaften auf den Piz Buin. Früher Aufbruch
ist daher anzuraten. Der Weg zum Vermuntgletscher ist auch in der Dunkelheit
gut zu finden; eine Erkundung am Vortag kann jedoch nicht schaden. Im Gegensatz
zum Ortler oder Großglockner gibt es zum Glück keine echten
Engstellen, die zu Stauungen führen könnten. Im Grätle gibt
es zahllose Varianten, die Steilstufe im Gipfelaufbau ist kurz und schnell
überwunden. Der eigentliche Gipfelanstieg über die Westflanke
beginnt an der Buinlücke zwischen dem Großen und dem Kleinen
Piz Buin. Zur Buinlücke gelangt man entweder von Norden über
den Ochsentaler Ferner oder von Süden aus dem Val Tuoi.
Die Tour beginnt im Norden an der Bieler Höhe am Silvrettastausee
(2036 m) an der Silvrettahochalpenstraße (150 ATS Maut), die Paznaun
und Montafon verbindet. Vom Silvrettastausee über die Fahrstraße
(auch mit dem Mountainbike) oder schöner über den etwas höher
im Hang gelegenen Steig in gut 2 Stunden zur Wiesbadener
Hütte (2443 m). Schon bald hat man einen prachtvollen Blick auf
den Ochsentaler Gletscher und die beiden Buine. Von der Hütte kann
man praktisch den gesamten Wegverlauf bis zum Gipfel verfolgen.
Bei
guten Bedingungen sollte man für den Aufstieg die Variante über
das Wiesbadener Grätle wählen, die abwechslungsreicher
als der Gletscherhatscher über den Ochsentaler Gletscher ist. Auf
dem markierten Moränensteig steigt man Richtung Süden (Vermuntpaß)
bis man bequem das flache Gletscherbecken des Vermuntgletschers erreicht.
Dieses wird gequert, um an den Fuß des Wiesbadener Grätles zu
gelangen. Das Wiesbadener Grätle durchsteigt man an der Stelle, wo
sich der Grat am tiefsten absenkt (Im Bild etwa senkrecht über dem
Kopf der hinteren Person, man kann ganz schwach die Spur erkennen, die
von rechts zum Fuß des Grätle führt). Meist ist eine gute
Spur vorhanden. Der Firnhang bis zu Gratfuß steilt etwas auf, bei
guten Verhältnissen und guter Gehtechnik jedoch kaum ein Problem (In
diesem Hang ereignete sich übrigens im Abstieg der Unfall, der Anlaß
der Grundlagenentscheidung
des OGH zur Haftung des faktischen Führers wurde). Der Übergang
vom Firn in die Felsen kann problematisch sein, wenn der Firn so tief abgeschmolzen
ist, daß glattgeschliffener sandiger Fels freigelegt wird. Wir konnten
völlig unproblematisch vom Firn auf den gut gestuften Fels des Grätle
wechseln. Der Fels des Grätles ist sehr gut gestuft (je nach Routenwahl
I - II) und bei guten Bedingungen völlig unproblematisch. Man hält
sich leicht links auf einen markanten Turm zu. Bei Neuschnee oder Vereisung
kann der Anstieg über das Grätle dagegen deutlich schwieriger
werden. Es empfiehlt sich dann über den Ochsentaler Gletscher (vgl.
Abstiegsbeschreibung) aufzusteigen. Hat man die Grathöhe erreicht,
quert man noch wenige Minuten auf sandigen Bändern (Spuren) nach links,
bis man ganz einfach auf den Ochsentaler Gletscher absteigen kann.
Sobald
man das Grätle überschritten hat, kann man die beiden Buine aus
der Nähe betrachten. Im Bild links der Große Piz Buin, rechts
der kleine, dazwischen die Buinlücke (3056 m, verdeckt durch die besonnte
Felsplatte). Über das oberste flache Becken des Ochsentaler Gletschers
quert man zur Buinlücke. Die Buinlücke erreicht man auch direkt
von Süden von der Chamanna
Tuoi (besser jedoch mit Umweg über Plan Rai und Fuorcla dal Cunfin,
dorthin auch von Westen von der Silvrettahütte).
Der Gipfelanstieg führt nun durch die schottrige Westflanke des Piz
Buins. Ist der Hang aper, erkennt man Steigspuren, die zu einer Schulter
in Nordwestgrat hinaufführen. Der Zugang zum oberen Schutthang wird
durch ein kleine Steilstufe versperrt. Diese überwindet man entweder
über den sogenannten Kamin - eher eine mäßig geneigte Felsrinne
(I - II, Haken) - oder einfacher über eine schottrige Rinne etwas
nördlich davon (ausgesetzte Querung, in der Rinne ebenfalls Haken,
bei Vereisung Sichern sinnvoll). Über den flachen oberen Schutthang
auf Steigspuren einfach zum Gipfel.
Vom
Gipfel hat man eine umfassende Sicht auf die umliegenden Berge der Silvretta,
und weit darüber hinaus auf die Ötztaler
Alpen, Ortlergruppe, Verwall und Bernina.
Im Südwesten erkennt man die elegante dunkle Pyramide des Piz Linard,
mit 3410 m der höchste Silvrettagipfel, der etwas abseits des Hauptkammes
vollständig auf schweizer Boden steht. Das Bild zeigt den Blick nach
Norden über den Ochsentaler Gletscher auf die Gruppe des Silvrettahorns;
rechts unten das Wiesbadener Grätle.
Natürlich
kann man über den Aufstiegsweg auch wieder absteigen. Für Sologänger
wäre dies sicher die beste Variante; ein Soloabstieg über den
spaltenreichen Ochsentaler Gletscher ist nicht zu empfehlen. In Seilschaft
ist der Abstieg über den Ochsentaler Gletscher jedoch die perfekte
Abrundung dieser abwechslungsreichen Tour. Über das weite flache Gletscherbecken
geht man zunächst gemütlich in Richtung auf den Gletscherbruch
und die Felsstufe unterhalb des Silvrettahorns (3244 m, übrigens kann
man links (südlich) vom Bruch zur Egghornlücke aufsteigen und
von dort das Silvrettahorn in leichter Kletterei (II) mitnehmen, 1:30 -
2 Stunden). Dabei sollte man nicht versäumen, einen Blick zurück
auf den Buin zu werfen (Bild). Die sichtbare Spur führt zur Buinlücke.
Um
dem großen Bruch des Ochsentaler Gletschers auszuweichen, steigt
man ganz links (westlich) an dem kleinen Bruch und den Felsen vorbei hinab
und quert dann auf der oft aperen Gletscherzunge hinüber zur Grünen
Kuppe. Auf der Gletscherzunge oft Blankeisstellen (Steigeisen!). Über
einen markierten Moränensteig zurück zur Wiesbadener
Hütte. Im Bild der große Bruch des Ochsentaler Gletschers,
rechts das Silvrettahorn (3244 m). Unterhalb der dem Silvrettahorn vorgelagerten
Felsen verläuft die Spur im Bild von links oben nach rechts unten.
[28./29.7.2001]
Gehzeiten:
Hohes Rad (2934 m)
Das Hohe Rad ist ein einfach zu erreichender, aber vorzüglicher Aussichtsberg
östlich des Ochsentals. Ideal für einen gemütlichen Nachmittagsspaziergang
nach dem Hüttenaufstieg zur Wiesbadener
Hütte. Hinter der Hütte beginnt der bezeichnete Steig zum
Radsattel, nach wenigen Minuten läßt man die Abzweigung zum
Vermuntkopf/Tiroler Scharte rechts liegen. Nahezu eben spaziert man zum
Radsee (2532 m) und wieder steiler hinauf zum Radsattel. Von dort quert
man entlang der Ostflanke des Hohen Rads zur Radschulter (2697 m). Dort
beginnt der eigentliche Gipfelanstieg über die Ostwandrippe. Der gute
bezeichnete Steig führt mit leichten Kletterstellen im Blockwerk zum
Gipfel hinauf. Vom Gipfel großartige Aussicht auf die Silvretta und
weit darüber hinaus.
Gehzeiten:
Weitere Informationen
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Karte: Alpenvereinskarte 26 Silvrettagruppe
- Wegmarkierungen
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Günther Flaig, Alpenvereinsführer Silvretta, Rother-Verlag
-
Sepp Schnürer, Ötztaler Alpen, Silvretta, Ferwall, BLV