"Unter diesem Namen mit seinem erläuternden Beisatze ist einer der vielen, in den ödesten Winkeln der Innthaler Gebirge verborgenen Gipfel weiterhin bekannt geworden, als es seinen theilweise würdigeren Genossen dieses glückte. "Die Lamsenspitze im Stallenthal" - sie figurirt in Bergbeschreibungen und Reisehandbüchern, wo von der Karwendel-Gruppe, von den Kalkketten im Norden des Inn die Rede, als Symbol jener unbekannten Gipfelschaar, als ihr Wortführer in einem gewaltigen "Noli me tangere!" - Die Lamsenspitze soll unersteiglich sein - so hört und liest man zu München und Innsbruck; zuweilen wird wohl auch beigefügt, daß von einer einstmals erfolgten, nie mehr wiederholten Beisteigung derselben die Sage gehe - oder es wird eine andere, als die Stallenthalseite dieses Gipfels vermuthungsweise als die besser ersteigbarer bezeichnet. All' dies ist müssiges Gerede, welchem vor Allem die Basis einer einigermaßen genauen topographischen Kenntniss fehlt."So beginnt Kapitel XVI. Die Lamsenspitze im Stallenthal von Hermann von Barths Aus den Nördlichen Kalkalpen, 1874. Der AV-Führer Karwendel gibt übrigens als Erstbesteiger Lipold, 1843 an.
"Nach 10 Minuten waren wir auf dem Grat; ein steiles, aber mit Rasenplätzchen ausreichend durchstreutes Plattengehänge tieft von da auf die Schutthalden sich ab, die den Ostfuss der Lamsenspitze umlagern. Mächtige Eisenstangen, am oberen Ende zu Ringen umgebogen, sind in den Felsen eingelassen; wenn Herzog Ernst von Coburg und seine Jagdgäste im Lamskar Gemsjagd halten, so wird durch diese Ringe ein Seil gezogen und dadurch ein sicherndes Geländer hergestellt. Tiefer unten findet sich noch eine Holztreppe über einen besonders steilen Absatz und ein kurzer Steg über eine Kluft. Der ganze Apparat ist zur Ersteigung der Scharte ein grosser Behelf der Bequemlichkeit, aber nicht unbedingt vonnöthen. Ich erwähne diess aus dem Grunde, weil häufig Zweifel ausgedrückt werden, ob der künstliche Steig an der Lamsscharte wohl noch in Ordnung un der Uebergang möglich sein. Ein geübter, schwindelfreier Bergwanderer braucht sich dadruch nicht beirren zu lassen."Wer es noch etwas ausgesetzter und spektakulärer mag, wählt den durch den Lamsentunnel (Brudertunnel) führenden Klettersteig. Der bezeichnete Steig führt von der Hütte in südlicher Richtung an die Felsen. Am durchgehenden Drahtseil geht es über ausgesetzte Bänder steil hinauf (Weniger Geübte mit Klettersteigsicherung). Der Klettersteig durch den Brudertunnel wurde 2002 durch die Bergrettung Schwaz saniert (Bilder) und die Routenführung etwas verändert. Im unteren Teil verläuft der Steig jetzt teilweise rechts der Rampen über plattige Felsen (ziemlich ausgesetzt). Der Steig ist hervorragend versichert, für weniger Geübte ist eine Klettersteigsicherung empfehlenswert. Höhepunkt des Steigs ist der eigentliche Brudertunnel, ein natürlich Felsdurchbruch im Gratverlauf, der mit Eisenklammen gangbar gemacht wurde. Es ist ein besonderes Erlebnis, nach den letzten kraftvollen Zügen aus dem feuchten, dunklen Loch auf die sonnendurchflutete Südseite zu kommen. Auf der Südseite quert man auf bequemen Steig nach Westen zur Lamsscharte.H. v. Barth, aaO, S. 350
"Ein paar schrofige Risse und zackige Rippen wurden übersetzt und umgangen, mit hoher, weit herabgreifender Steilwand sperrte der Steinkarlspitz das weitere Vordringen. Wieder bogen wir in eine Runse ein und steigen in ihrer Trümmersohle hinan; nur wenige Minuten dauerte es, so betraten wir einen kesselförmig erweiterten Absatz, den etwa 3 Klafter [Anm.: ~ 6 m] hoch eine völlig glatte Abstufung sperrte. Seitliches Ausweichen war nicht möglich. "Das ist jetzt der Ort; wie gefällt er Ihnen?" meinte der Jäger, setzte sich auf einen Block und begann die Schuhe auszuziehen. Ich schnallte die Eisen an und wartete der Dinge, die da kommen sollten; so recht erklärlich war mir der Aufstieg, namentlich über die unterste Mannshöhe, auch nicht; ich nahm mir aber vor, genau darauf zu achten, wo der Jäger die Zehen einsetzte - dort mussten meine Eisenzacken dann wohl ebenfalls haften. Aber auch damit hatte ich die Rechnung ohne den Wirth gemacht. Als der Jäger mich warten sah, forderte er mich auf, nur immer voran zu steigen, denn sei er voraus und ich käme nicht nach, so müsse er die Stufe wieder herunter, was ihm nicht geheuer dünke. So trete ich denn an die Wand heran, das Gesicht hart am Felsen, und fasse, was eben am Gestein sich fassbar fühlt und bohre das Eisen an die Mauer und, das linke Knie gegen die Wandung gestemmt, reisse ich die Last des Körpers nach - und noch einmal hinauf, wo ein enger Ritz in den Platten sich zeigt - und quer durch die Kluft mich neigend bekomme ich das rechtsseitige Riff zu packen, einige hohe Staffeln in angestrengten Tritten erkletternd gewinne ich festen Stand auf zertrümmerten Schrofen und schnappe nach Luft - "Nur immer nach, ich bin schon oben; die Steigeisen taugen eben doch!" - Einige Minuten später war der Jäger auch zur Stelle; ich hatte erfahren, dass ich seinen "Gang" wohl zu bestehen vermöge; zudem hatte ich mein volles Gepäck mit heraufgeschleppt, während er nur die Bergschuhe im Rucksacke hatte."Dann einfacher hinauf zum Gipfel des Hochnissl (2 Stunden vom Ausgang Brudertunnel). Zahlreiche Versicherungen, die allerdings größtenteils locker sind, die Verankerungen der Seile kommen zum Teil aus der Wand (Stand September 2002, am Beginn des Steigs ein Warnschild: Begehung auf eigene Gefahr). Die meisten Versicherungen sind für Geübte überflüssig, lediglich am Ende des erwähnten Kamins in der Ostflanke der Steinkarlspitze ist man auf die dort angebrachten Klammern angewiesen (die noch einen recht soliden Eindruck machten). Abstieg wie Aufstieg (1,5 - 2 Stunden vom Gipfel bis zur Lamsenjochhütte über die Lamsscharte).
Ausgangspunkt Eng/Großer Ahornboden (über Lenggries) oder Gramaialm (über Tegernsee). In der Sommersaison gute Busverbindung durch Bergsteigerbusse des RVO.