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Hochtouren in den Stubaier Alpen

Ruderhofspitze (3473 m) und Rinnenspitze (3003 m)

"Das Zuckerhütl, eine feine alles überragende Firnhaube, der Schrankogel eine mächtige Pyramide, und die Ruderhofspitze, der Kulminationspunkt ruhiger Gratlinien: In der Harmonie des Aufbaus steht der dritthöchste Gipfel der Stubaier Alpen den ersten beiden in nichts nach."
Walter Pause, 50 Gipfeltouren in den Ostalpen

 Blick auf RuderhofspitzeDazu gibt's bei Pause eine Ansicht von Süden (vom Trögler). Aus ähnlicher Perspektive habe ich vor 2 Jahren die Ruderhofspitze vom Aperen- Feuerstein-Ferner gesehen (im Bild der höchste Gipfel ganz links) und beschlossen, daß ich sie irgendwann besteigen muß. Wenn man sich dann der Ruderhofspitze von Norden nähert, ist man doch etwas enttäuscht. Als besonders schön kann man die Ruderhofspitze gerade im Vergleich zu den eleganten Linien des Zuckerhütls und zur klassischen Pyramidenform des Schrankogels aus dieser Perspektive wahrlich nicht bezeichnen. Aber dennoch ist die Besteigung der Ruderhofspitze von Norden von der Franz-Senn-Hütte eine sehr schöne Hochtour.
Nach zwei Modentouren mit entsprechendem Karawanenverkehr (Piz Buin und Similaun) befürchtete ich für die Ruderhofspitze auch das schlimmste. Die Franz-Senn-Hütte war nahezu ausgebucht. Aber dann offenbarte uns der Wirt, daß es keine Gipfelbergsteiger mehr gebe, sondern nur noch Hüttenwanderer und Kursteilnehmer. Das Hüttenbuch bestätigte diesen Eindruck: Ausgeführte Bergfahrten: Starkenburger Hütte, Nächstes Ziel: Regensburger Hütte oder vice versa waren die häufigsten Einträge. Die meisten Gäste sind auf die Stubaier Höhenweg (Starkenburger Hütte - Franz-Senn-Hütte - Regensburger Hütte - Dresdener Hütte - Sulzenauhütte - Nürnberger Hütte - Bremer Hütte - Innsbrucker Hütte, Tourenbericht von Peter Becker und Andreas Wienecke). Der Eintrag Ruderhofspitze war nur vereinzelt zu finden. Ein Eisgrundkurs unserer Sektion hatte die Ruderhofspitze am Vortag versucht, aber wegen der Blankeisverhältnisse auf dem Alpeiner Ferner und fortgeschrittener Zeit abgebrochen. Man gibt uns bereitwillig Auskunft über die Verhältnisse, die sich aber als viel unproblematischer erweisen. So wird es zu einer sehr einsamen Tour. Erst am Grat begegnen uns zwei Bergsteiger im Abstieg, die unterhalb des Gletscher biwakiert hatten. Später noch eine Dreierseilschaft von der Franz-Senn-Hütte und eine Seilschaft von der Regensburger Hütte. Als einzige Seilschaft auf dem weiten Gletscher überlegt man dann schon, daß man Spaltenstürze tunlichst vermeiden sollte. Zumindest sollte jede die notwendigen Handgriffe der Spaltenbergung sicher beherrschen, auf freundliche Hilfe durch andere Seilschaften kann man nicht hoffen.
Stützpunkt ist die Franz-Senn-Hütte (2147 m). Franz Senn (1831 - 1884) der "Gletscherpfarrer" von Vent und Mitbegründer des Alpenvereins regte auch den Bau dieses Schutzhauses an. Ein stattliches Haus der Sektion Innsbruck mit zahlreichen Betten und Lagern in schöner Lage auf der Alpeinalm. Der Hüttenzustieg vom weit vorgeschobenen Parkplatz auf der Oberissalm (1742 m) im Oberbergtal, einem der Quelltäler des Stubaitals, ist in einer guten Stunde auf dem guten Weg erledigt.
Die Länge der Tour zur Ruderhofspitze darf man nicht unterschätzen. Der Alpenvereinsführer gibt 5 Stunden von der Franz-Senn-Hütte an, mit Pausen können es locker 6 werden, fast schon westalpine Dimensionen, die eine westalpine Aufbruchzeit nahelegen. So gehen wir schon um 5 Uhr morgens im Schein der Stirnlampen durch das Alpeiner Tal Richtung Alpeiner Ferner. Der gute und durchgehend mit roten Punkten markierte Weg entlang des Alpeiner Baches ist auch im Dunkeln leicht zu finden. Etwas unheimlich ist die Reflektion des Lichts in zahlreichen Augenpaaren, da man erst nach einer Schrecksekunde realisiert, daß es nur die Kühe auf der Alm sind. Lange Zeit (ca. 2,5 km) gewinnt man praktisch keine Höhe. Auf 2260 m macht der Weg einen scharfen Knick nach Süden und überquert den Bach, der vom Berglastal hinab fließt und in den Alpeiner Bach mündet. Diese Stelle kann man in der Dunkelheit leicht übersehen, da auch Markierungen geradeaus weiterführen. Dann muß man einen oder mehrere kleine Bäche ohne Steg überqueren, möglichst ohne dabei nasse Füsse zu bekommen.
Bald darauf beginnt der Weg auf die westliche Seitenmoräne des Alpeiner Ferners anzusteigen, die apere Zunge des Gletschers liegt bald tief unter uns. Nachdem wir die ausgeschilderte Abzweigung zum Aperen Turm hinter uns gelassen haben, wird der Steig langsam undeutlicher. Bei einem Ausläufer des Ostgrats des Schrandele führt der Steig in der Höhe von ca. 2750 m auf den Gletscher. Beim Übergang auf den Gletscher sollte man beachten, daß der Gletscherrand durch Abschmelzen stark unterhöhlt sein kann.
Die Gletscherzunge war völlig aper. Die folgende Steilstufe kann auf der orographisch linken (westlichen) Seite einfach überwunden werden. Der Blick nach Norden wird immer freier, man kann in der Ferne die Bettelwürfe im Karwendel erkennen (Bild). Das obere flache Becken ist im westlichen Teil  mit Blöcken übersäht. Man geht zunächst auf die Nördliche Wildgratspitze zu, dann im großen Bogen zunächst nach Süden, dann nach Osten in die oberste Firnmulde unterhalb der Ruderhofspitze, den zweiten Bruch ebenfalls rechts umgehend. Ein schöner langer Gletscherhatscher, bei dem man die Schönheit der weitläufigen Landschaft, der von dunklen Graten eingefaßten Eismassen, in vollen Zügen genießen kann. Das ruhige rhythmische Dahinschreiten kann einen sehr meditativen Charakter annehmen. Das Ziel hat man immer vor Augen, der Gipfelaufbau hat fast ein bißchen was bedrohliches und abweisendes. Der Gipfelanstieg erweist sich dann aber als völlig unproblematisch.
Von den verschiedenen Gipfelanstiege bietet sich im Sommer der über die Obere Hölltalscharte an. In der obersten Firnmulde wendet man sich zur Oberen Hölltalscharte (3247 m, eventuell Bergschrund). Die Scharte soll übrigens laut Alpenvereinsführer von Süden eisfrei erreicht werden können (ca. 3 Stunden von der Mutterbergalm durch das Hölltal), wodurch sich insgesamt ein gletscherfreier Zugang auf die Ruderhofspitze ergibt. Der steile Hang sah von oben allerdings nicht besonders einladend aus. Von der Scharte geht es über den Südwestgrat stets über Fels und Schutt zum Gipfel. Das oberste steile Firnfeld des Ruderhofferners muß man nicht berühren: bei entsprechenden trockenen Verhältnissen auf dem Grat, so wie wir sie vorfanden, kann man die gesamte Eisausrüstung an der Scharte deponieren und unbeschwert über den Grat spazieren. Der Grat selber ist bei guten Verhältnissen einfach, größtenteils Gehgelände mit kurzen Stellen I und insgesamt kaum ausgesetzt.
Alternativ, aber im Sommer kaum zu empfehlen, gibt es einen direkten Ausstieg zum Südgrat. Aus dem östlichsten Winkel der Firnmulde führt eine Rinne unmittelbar hinauf zu der Stelle im Grat, wo dieser zum letzten steilen Gipfelaufschwung ansetzt. Früher war diese Rinne verfirnt und diente als Normalweg. Heute ist die Rinne aper und wurde mit Fixseilen versichert. Der Bergschrund unterhalb der Rinne war weit offen, eine sichtbare Spur führt südlich über eine Brücke über den Schrund und querte dann zur Rinne nach Norden. Im Winter, wenn der Bergschrund geschlossen ist und der gesamte Südwestgrat bei Schneeauflage schwieriger zu begehen ist, ist dies wohl der Normalweg von Norden auf die Ruderhofspitze. Von oben sah die Rinne und die Versicherungen nicht sehr einladend aus. Im Sommer ist dieser Anstieg daher kaum zu empfehlen.
Zuckerhütl von der Ruderhofspitze [Zum Vergrößern anklicken]Vom Gipfel hat man eine umfassende Aussicht. Im Süden die klassische Stubai-Postkartenansicht von Wildem Pfaff, Zuckerhütl und Pfaffenschneid über dem weiten, gleißenden Firn des Sulzenauferners (im Bild von links). Westlich davon das Stubaier Gletscherskigebiet, das wegen starker Ausaperung keinen besonders einladenden Eindruck machte.
Schrankogel vom Gipfel der Ruderhofspitze [Zum Vergrößern anklicken]Im Westen die schöne Pyramide des Schrankogel (3497 m), des zweithöchsten Stubaier Gipfels mit dem beliebten gletscherfreien Normalweg von Süden (Amberger Hütte). Der Ostgrat war firnfrei, die Nordwand begann auch schon auszuapern (Bild). In der Ferne müßte man bei guter Sicht eine prachtvolle Aussicht auf das Karwendel haben. Diese war uns allerdings nicht vergönnt, trotz eines allgemein sonnigen und schönen Wettercharakters störten einige Quellwolken und einzelne Nebelschaden die Fernsicht.
Der Abstieg erfolgte auf der Anstiegsroute. Die Ruderhofspitze bietet sich auch für lange Überschreitungen an. Es gibt den oben schon erwähnten eisfreien Zugang von Norden und mehrere Zugänge von Osten (von der Neuen Regensburger Hütte). [26.8.2001]

Rinnenspitze (3003 m) und Rinnensee

Lisener Fernerkogel von der Rinnenspitze [Zum Vergrößern anklicken]Da der Hüttenzustieg kurz ist, braucht man noch einen kleinen Gipfel für den Nachmittag. Hier bietet sich die Rinnenspitze als lohnendes Gipfelziel an. Ein guter, bezeichneter Wanderweg führt von der Franz-Senn-Hütte nach Westen auf die Rinnenspitze. Eine plattige Stelle am Gipfelaufbau ist mit Drahtseilen und Eisenbügeln versichert. Am Grat kurze einfache Kletterei (I). Ca. 2 Stunden von der Hütte. Sobald man den Grat erreicht hat, steht man über dem weiten Lisener Ferner, über dem der Lisener Fernerkogel (3299 m, ebenfalls eine lohnende und wenig schwierige Hochtour von der Franz-Senn-Hütte) thront (Bild). Vom Gipfel hat man eine sehr gute Sicht auf die gesamten Alpeiner Berge, insbesondere den Ruderhofkamm mit den Seespitzen und Knotenspitzen.
Rinnensee [Zum Vergrößern anklicken]Auf der Rückweg sollte man einen Abstecher zum Rinnensee nicht versäumen, in dem sich die umliegenden Berge spiegeln. Das Bild zeigt den Blick über den Rinnensee nach Süden auf den Ruderhofkamm mit den Seespitzen und Knotenspitzen. Ein idyllischer und mit etwas Glück einsamer Rastplatz, bevor man sich zum Abendessen in den Rummel der Franz-Senn-Hütte begibt. [25.8.2001]

Gehzeiten:

Weitere Informationen

Karte: Alpenvereinskarte Stubaier Alpen - Hochstubai 31/1 (Ruderhofspitze)
Alpenvereinskarte Stubaier Alpen - Sellrain 31/2 (Rinnenspitze)
Freytag und Bernd: Wanderkarte 241
Führer: Klier, Alpenvereinsführer Stubaier Alpen alpin
Sepp Schnürer, Stubaier Alpen - Zillertal
Bücher: Alpenvereinsjahrbuch 1997 - Kartengebiet Hochstubai
Internet: Webseiten der Franz-Senn-Hütte mit Tourenvorschlägen u.a.
Tourenbeschreibung von Thorsten Kunkel
Tourenbeschreibung mit Karte (Skitour) bei Almenrausch.at
Bilder von einer Skitour von Dieter Hartig