Genußklettereien (IV - VI) in den Münchner Hausbergen

Kaiser | Wetterstein | Rofan | Sonstige

Neben den Bayerischen Voralpen bieten natürlich auch die Kalkhochalpen viele Möglichkeiten für Klettereien in allen Schwierigkeiten. Auf Steinmandl.de gibt nur eine sehr kleine und eher zufällige Auswahl. Mehr Informationen auf den folgenden Webseiten: Markus Stadler (insbesondere für das Gebiet rund um Rosenheim und östlich des Inns: Kaiser - Chiemgauer - Berchtesgadener) - Softrock.de - Andreas Krebs.

Kaiser

Christaturm [Zum Vergrößern anklicken]Die Südostkante am Christaturm, aka Christakante (V, Stände gebohrt und einige ZH, Topo) und die Zettenkaiser Ostwand (IV+, Stände und ZH gebohrt) sind zu Recht Genußklassiker. Beide saniert (sparsam), meist guter Fels, landschaftlich lohnend (im Bild der Christaturm. Der Nordgrat der Hinteren Goinger Halt (III, NH) ist ebenfalls eine empfehlenswerte Einsteigertour, allerdings ist das Verhältnis des langen Zu- und Abstiegs zur Kletterei (am schönsten und schwierigsten die beiden ersten Seillängen von der Predigtstuhlscharte) etwas ungünstig.
Nicht sehr begeistert waren wir von der allerorten hochgelobten Neutour Klettergeheimnis (IV+, 22. SL, größtenteils gebohrt) an der Kleinen Halt. Die Routenführung ist teilweise sehr gewollt, wir haben uns gleich zwei mal verstiegen und dann irgendwie zum Gipfel durchgeschlagen. Steinschlag hat eines der Zwillingsseile fast durchschlagen. Dies hat alles dazu beigetragen, daß wir die Route nicht in bester Erinnerung haben. Abstieg über den Kaiserschützensteig, Ausstieg nach der 11. SL möglich. Recht lang, Übernachtung auf dem schönen Hans-Berger-Haus empfehlenswert.
Die Internet-Quelle zum Klettern ist Kaiser ist die Homepage von Markus Stadler

Rofan

Auch das kleine Rofangebirge bietet zahlreiche interessante Kletteranstiege: sehr alpine Routen an den Nordwänden der Hauptkette, aber auch einfachere Genußklettereien in anderen Teilen: Rotspitz, Ißplatten, Roßkopf, Rofanspitze, Klobenjochspitze. Einige schöne Routen im Osten (Rofanspitze, Rofantum, Schokoladetafel) wurden von Werner Lang saniert (vgl. hier). Besonders lohnend ist die Schmid/Müller (V, Topo) im rechten Teil der Ostwand der Rofanspitze (Bild) nahe der Kante. Auch an der Schokoladetafel (2165 m) gibt es zwei schöne Routen (Kaminweg, IV+ und Rißweg, VI-, Topo).
Links: Alle Topos der von Werner Lang sanierten Routen

Wetterstein

Die bekanntesten Klettergebiete im Wetterstein sind die östliche Wetterstein-Südseite (Schüsselkar- und Scharnitzspitze im Bild), das Oberreintal und das Gebiet um die Meilerhütte (Partenkirchner Dreitorspitze). Die meisten Routen an den gewaltigen Plattenfluchten der Schüsselkarspitze und der Scharnitzspitze sind eher schwer, Meilensteine in der Klettergeschichte. Eine der wenigen einfachen Routen auf die Schüsselkarspitze ist die Siemens/Wolf (IV) auf den Westgratturm. Ich fand sie nicht besonders lohnend (31.7.99). Sehr schön ist hingegen die Hannemann (V) an der Scharnitzspitze (V, komplett mit BH saniert, SH und ZH). Das Ambiente ist alpin, die Abstiege sind ebenfalls alpin, wir haben es vorgezogen, über die Hannemann abzuseilen (nur, wenn niemand nachkommt, große Steinschlaggefahr). Übernachtung auf der schönen Wangalm.
Im Oberreintalgebiet ist die Radlkante der Genußklassiker, entsprechend voll, aber sehr lohnend.

Alpspitze (2620 m), Nordwand, KG-Weg (Variante BW-3) (V, E1 und E0)

An der Nordseite der Alpspitze befinden sich einige recht gut abgesicherte Routen im Schwierigkeitsgrad III-VI. Der Einstieg liegt zumeist am Nordwandsteig. Von dort ca. 350 Klettermeter bis zu der breiten Geröllterrasse (von dort einfacher Abstieg zur Ferrata möglich) mit dem Schneefeld (Herzl). Weitere 300 Klettermeter zum Gipfel.

Begehungszeitpunkt: 26.7.1998

Wir haben den KG-Weg (V) gewählt, mit der Variante BW-3 im mittleren Teil. Die Route führt zumeist über geneigte Platten mit Erosionsrillen. Der Fels ist sehr rauh, überwiegend fest, dazwischen allerdings auch Gehgelände. Die Route folgt nicht den einfachsten Durchstiegsmöglichkeiten (dieser wäre meistens I-II, manchmal III). Vielmehr führen die Bohrhaken die Route immer wieder direkt über relativ glatte, aber geneigte Platten. Dort liegen die schönsten Kletterstellen. Die Kletterei erfordert kaum Kraft, z.T. kann man die geneigten Platten in den sehr rauhen Rillen einfach rauflaufen.

Die erste SL ist deutlich schwerer (V) als der Rest und sehr schlecht abgesichert! Alle Stände sind mit 2 BH eingerichtet, die meisten Zwischenhaken ebenfalls gebohrt. In den ersten beiden SL allerdings nur sehr schlechte Absicherung, in den übrigen (recht einfachen) SL gut bis sehr gut (3-5 BH/SL). Die Routenfindung ist nicht immer einfach, insbesondere in den ersten beiden SL.

Zustieg:

Von der Bergstation der Alpspitzbahn (Berg- und Tal 37,-) ca. 15 Min. über den Nordwandsteig. Der Einstieg des KG-Wegs / BW-3 befindet sich unmittelbar am Tunneleingang.

1. SL: Direkt am Tunneleingang links in die Wand (BH), dann kurz auf einer nach links führenden Rampe hinauf bis zu einem Riß. Diesen hinauf (1 NH mit Schlinge). Schlüsselstelle (V), keine weiteren Haken bis zum Stand (2 BH). Im Vergleich zur üppigen Absicherung in den folgenden leichten Seillängen merkwürdig schlechte Absicherung.

2. SL: Leicht nach rechts hinauf, ein NH und 1 BH, schwierig zu finden. Der nächste Stand ist rot mit BW-3 gekennzeichnet

3.-8. SL: Durch die nun deutlich geneigten Platten, z.T. mit sehr schönen rauhen Erosionsrillen. Sehr gut abgesichert, aber der Routenverlauf ist etwas unübersichtlich, die Haken springen nicht immer sofort ins Auge. Im wesentlichen geht es einfach rauf zum Herzl.

Vom Herzl weitere 7 SL zum Gipfelgrat (Ferrata). Wir sind jedoch über die Geröllterrasse nach Westen zur Ferrata abgestiegen, zunächst deutliche Steigspuren im Geröll, dann auf einen begrünten Rücken und einer Plattenflucht (einfach).

Abstieg:

Am schnellsten über die Ferrata zurück zur Bergstation der Alpspitzbahn.

Führer:

Eberle, Topoführer Wetterstein Nord, Panico

Insgesamt recht nette Kletterei, wenn auch leider etwas uneinheitlich. Bei Seilbahnbenutzung extrem kurze Zustiege. Wegen Routenfindungsproblemen in den ersten zwei Seillängen brauchten wir bis zum Herzl knapp 3 Stunden (8 SL). Wer auf alpine Abgeschiedenheit Wert legt, ist hier falsch am Platz. Die Osterfelderbergstation liegt in Rufweite. Wir wurden vom Trentiner Bergsteigerchor und durch eine Messe dauerbeschallt, Seilkommandos muß man gegen den Hintergrundgeräuschpegel anschreien. Die anderen Routen sind wohl ähnlich. Der Dachlweg mit drei schweren SL direkt nach dem Einstieg (V, VI+, V+) soll sehr schön sein. Keine echte Alternative zum Klettereldorado Oberreintal und Schüsselkarspitze. Als Einsteigertour (so Eberle) nur sehr bedingt zu empfehlen wegen der schlechten Absicherung in den ersten beiden Längen.

Oberreintalturm (1940 m), Südwestkante (Radlkante, V-, E1-)

Begehungszeitpunkt: 16.8.1997

OberreintalturmDie Südwestkante des Oberreintalturm (im Bild die rechte Kante) ist der Klassiker im Oberreintal und an schönen Tage herrscht entsprechend reger Verkehr. Trotzdem ist es eine schöne Kletterei an festem Fels. Die Route ist mit gebohrten Stand- und Zwischenhaken gut abgesichert. Schlüsselstelle ist der Aufschwung und die Querung unterhalb des Fahrrads
(siehe Bild). Schlüsselstelle der RadlkanteDetaillierte Beschreibung im WWW bei Andreas Krebs.



Göschener Alp, Urner Alpen, Schweiz

Foto: Tom an einer weit herausragenden Platte am Gipfel des Bergseeschijen Vorbaus, Bollwerk genannt (Foto: Michael Steinhoff).

Mit einer Gruppe der ZHS (Zentrale Hochschulsportanlage der TU München) bin ich in der Woche vom 9.8.-15.8.1998 zum Klettern in die Göschener Alp. Die Ankündigung im Programm "Wände und Grate vom Feinsten" war nicht übertrieben. Das Gebiet um die Bergseehütte bietet unzählige Tourenmöglichkeiten von 1-10 SL, von Plaisir bis Alpin im durchwegs festen Urner Granit.

Nach der doch recht langen Anreise von München (ca. 5 Stunden über Bregenz) machen wir erst auf dem Campingplatz bei Gewuest in der Göschener Alp unser Lager auf. Mit Sfr 5,- pro Nacht und Person recht günstig, Toilette und Waschgelegenheiten in einem Container vorhanden, aber keine Duschen.

Im Tal finden wir leider relativ wenige Routen in unserem Schwierigkeitsgrad (IV-VI). Lediglich in der Nähe des Staudamms finden sich ein paar sehr glatte, aber geneigte Platten mit Routen im IV. und V. Grad. Für mich die erste Bekanntschaft mit Granit. Die Reibungswerte sind im Vergleich zum Kalk wirklich erstaunlich.

Infos zu den Klettergärten im Göschener Tal finden sich bei Holst/Herrmann auf S. 242 ff. Wer -sich im VII. - X. Grad zu Hause fühlt hat erheblich mehr Möglichkeiten.

Am Dienstag steigen wir zur Bergseehütte (2370 m) auf, ca. 1:15 h Aufstieg vom Parkplatz am Staudamm. Sehr schön gelegene Hütte in der Nähe des kleinen, erstaunlich warmen Bergsees (ca. 19 C) und in unmittelbarer Nähe der Einstiege zu einer fast unüberschaubaren Anzahl von Kletterrouten. Lager für AV-Mitglieder SFr 17,-, Nachtessen SFr 20,- (Suppe, Hauptgericht, Nachspeise), Halbpension SFr 27,-. Die Hütte ist sehr ordentlich geführt. Toni Fullin, der Hüttenwirt und Autor des Clubführers, war nicht anwesend, aber Andrea bediente uns resolut, aber herzlich. Das Leitungswasser ist trinkbar, ein Raum für Selbstversorger vorhanden.

Routen im Bereich der Bergseehütte

Die Bergseehütte ist der perfekte Ausgangspunkt für die Routen am Schijenstock (3161 m), Bergseeschijen (2815 m) und Hochschijen (2634 m). Neben langen Platten- und Gratrouten an diesen Gipfeln hat Toni Fullin in der Nähe der Hütte zahlreiche Klettergärten eingerichtet, die unzählige Routen von 1 - 4 SL, vorwiegend im Bereich IV-VI bieten. Auch an Tagen mit nicht ganz sicherem Wetter kann man sich dort ein ausgiebiges Kletterprogramm zusammenstellen.

Wir haben die folgenden Routen gemacht.

(Die Nummern beziehen sich auf den Clubführer)


Hochschijen (2634m), Südgrat (372, III-IV+, 10 SL)

Schöne Gratkletterei, aber etwas inhomogen, schottrige Passagen zwischendurch. Teilweise saniert, z.T. aber nur 1 NH als Standhaken vorhanden (vor der Schlüsselstelle, IV+ Aufschwung am 2. Gratturm, zusätzliche Absicherung möglich). Von der Hütte ca. 45 Minuten zum Einstieg.
Vom Gipfel einmal 10m und 2 mal 20m oder 1 mal 40m abseilen.


Hochschijen, Westgratturm (11 Routen, IV-VI, 2-4 SL, E0)

Beim Abstieg vom Hochschijen kommt man am Westgratturm vorbei. Dort bieten sich einige kurze, hervorragend eingerichtete Routen als Dessert an. Abseilen über die Routen (Vom letzten Stand des Daechliwegs kann man mit 2 50 m Seilen in einem Zug bis in eine grasige Rinne abseilen und von dort absteigen).


Bergseeschijen (2815m), Südwand, Via Andrea und Südgrat (353 & 351, 10 SL, IV-V, E0)

Auf der Via Andrea bis zum Südgrat und über den Südgrat zum Gipfel (351, 4 SL vom Ausstieg der Via Andrea, IV+). Via Andrea von T. Fullin durchgehend mit Bohrhaken eingerichtet, am Südgrat gebohrte Stände und ausreichend Zwischenhaken vorhanden.
Foto: Bergseeschijen Südwand (Foto: Michael Steinhoff)

Via Andrea:

Klettern an geneigten Platten, Rissen, Verschneidungen, sehr schön, Schwierigkeit homogen, durchgehend IV-V. Schlüsselstellen in der 3. und 6. SL (V). Mein erster Vorstieg im V. Grad auf einer alpinen Route. Da die Route aber durchgehend leicht geneigt ist, lag sie mir ganz gut. Armkraft ist kaum erforderlich, entscheidend ist, daß man sauber tritt. Insgesamt ausgesetzt und wenig bequeme Ruhepunkte. Am Südgrat oft Stau. Von der Hütte zum Einstieg ca. 30 Minuten.

Abstieg:

Abstieg über den Ostgrat, eine Stelle I, bis zur Scharte zwischen Bergseeschijen und Hochschijen. Der Abstieg von der Scharte über eine Steilstufe ist mit Ketten gesichert.


Bergseeschijen, kleine Ostwand (6 Routen, IV-VI, 3-4 SL, E0)

Beim Abstieg über den Ostgrat kommt man automatisch an der kleinen Ostwand vorbei. Dort schöne, perfekt eingerichtete Routen. Perfekte Zugabe für diejenigen, denen die 10 SL auf den Bergseeschijen noch nicht gereicht haben.

Insgesamt ein ganz tolles Granitklettergebiet. Die Routen im IV-V. Grad vorwiegend geneigte Platten, gute Trittechnik und Vertrauen in die Reibung der Schuhe erforderlich. Armkraft dagegen kaum erforderlich.

Das Routenpotential ist nahezu - dank der Erschließungstätigkeit von Toni Fullin - unerschöpflich und von der Bergseehuette sind die meisten Routen in 30-45 Minuten zu erreichen. Ein wahres Klettereldorado mit dem einzigen Manko, daß die Anfahrt von Muenchen doch etwas lang ist. Für ein verlängertes Kletterwochenende werde ich auch in Zukunft wohl eher ins Oberreintal fahren.

Führer:

Toni Fullin, Andy Banholzer: Clubführer Urner Alpen 2 - Göscheneralp - Furka - Grimsel, 1. Auflage 1996

(Toni Fullin ist Bergführer Wirt der Bergseehuette und hat zahlreiche Routen im Einzugsbereich der Hütte saniert oder eröffnet, auf der Hütte für SFr 36,- erhältlich)

Vollständig, viele Topos, wohl die beste First-Hand-Information über das Gebiet

Swen Holst, Barbara Herrmann: Klettern im Schweizer Granit Band 2: Göschenen - Schoellenen - Salbit - Susten, Panico Verlag, DM 39,80

Auswahl-Führer

Karte:

Landeskarte der Schweiz, 1:25.000, Blatt 1231, Urseren

Danke an meine Seilpartner: Sabine, Alexander, Matthias, Frieder, Karsten, Thomas, Markus