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Großer und Kleiner Bettelwurf (2725 m, 2650 m)

Bettelwürfe von Norden (28.7.2002) [Zum Vergrößern anklicken]Die beiden Bettelwürfe erheben sich 2200 m über dem Inntal und der alten Stadt Hall und bieten eine umfassende Sicht in die Südflanke der Karwendel-Hauptkette und in die vergletscherten Zentralalpen, insbesondere die Zillertaler und die Stubaier Alpen. Der Große Bettelwurf ist der höchste Gipfel der Gleiersch-Halltal-Kette und wird auch nur von wenigen Gipfeln der zentralen Hauptkette (Birkkarspitze, Ödkarspitzen und Kaltwasserkarspitze) um wenige Meter überragt. Das Bild zeigt den Großen und Kleinen Bettelwurf von Norden (von der Grubenkarspitze, vor dem kleinen Bettelwurf die Roßlochspitze und die Hochkanzel, links das Grubenkar).
Ich hatte mir den Bettelwurf schon lange vorgenommen, aber als es Anfang Oktober 1999 endlich soweit sein sollte, war soviel Neuschnee gefallen, daß der Wirt der Bettelwurfhütte dringend abriet. Für die Saison außergewöhnlich mildes Wetter ließ den Schnee jedoch wieder dahinschmelzen, so daß es Ende Oktober dann doch noch klappte. Allerdings waren da alle Hütten schon geschlossen, so daß nur noch Winterräume zur (bei Anreise mit der Bahn notwendigen) Übernachtung in Betracht kamen. Die Bettelwurfhütte (2077 m) hat allerdings keinen eigentlichen Winterraum, sondern nur einen als Notraum bezeichneten,  unverschlossenen Schuppen, in dem u.a. Brennholz gelagert wird. Ein paar Matratzen und Wolldecken sind alle Annehmlichkeiten, die man erwarten darf. Eine Quelle soll sich angeblich finden lassen, wenn man dem Schlauch folgt, der an einem Trog vor der Hütte endet. Man erreicht die Bettelwurfhütte am schnellsten aus dem Halltal. An der Stelle, wo sich das Halltal nach Westen wendet (Bettelwurfeck, Parkplatz), beginnt der gute, an kurzen ausgesetzten Stellen versicherte Steig zur Hütte (ca. 2 Stunden).
BettelwürfeSchon vom Inntal kann man die zwei breiten, eigenwillig geformten Gipfel gut sehen. Sobald man sich ihnen nähert, erkennt man, daß sie aus dicken Kalkbänken aufgebaut sind, die leicht nach Süden geneigt sind (Im Bild links der Kleine, rechts der Große Bettelwurf). Von der Bettelwurfhütte führen zwei Wege auf den Großen Bettelwurf. Recht einfach ist der Normalweg über den Eisengattergrat. Interessanter ist der Anstieg auf den Kleinen Bettelwurf und der anschließende Gratübergang zum Großen Bettelwurf. Beide Wege sind klettersteigartig versichert. Von der Bettelwurfhütte zunächst den kleinen Bezeichnungen folgend über den steilen Grasrücken empor. Bei ca. 2400 m kommt man an die Felsen. Die Route führt über Bänder, Risse und Verschneidungen hoch bis fast zur Scharte zwischen dem Kleinen und Großen Bettelwurf. Nur kurze Stellen sind mit Drahtseilen versichert. Von dort in wenigen Minuten zum sichtbaren Gipfelkreuz (1:30 h von der Hütte).
Blick vom Kleinen auf den Großen BettelwurfDer Übergang zum Großen Bettelwurf ist das schwierigste Stück der Überschreitung. Vom Gipfel des Kleinen Bettelwurfs kehrt man zur Scharte zurück und quert auf Steigspuren nach Osten zu den Felsen. Das Bild zeigt den Blick vom Kleinen auf den Großen Bettelwurf. Ewa auf der Gratschneide an der Licht-Schatten-Grenze verläuft der Klettersteig auf den Großen Bettelwurf. Den Auftakt bildet ein steiler, versicherter Aufschwung, der ordentliches Zupacken erfordert. Es folgen drei ähnlich schwere Stellen. Danach wird es einfacher (I und Gehgelände) und der Grat ist naturbelassen. Der Klettersteig ist insgesamt recht anspruchsvoll. Die senkrechten Kletterstellen wären naturbelassen mit der Schwierigkeit III-IV zu bewerten. Die Bewertung mit I im AVF Karwendel alpin von Klier ist m.E. falsch, Klier bewertet den deutlich einfacheren Anstieg auf den Kleinen Bettelwurf dagegen mit III! Der Klettersteig ist von der Schwierigkeit in etwa mit dem Kaiserschützensteig auf die Ellmauer Halt vergleichbar (so auch Werner Klettersteige: Bayern etc.). Selbstsicherung ist zu empfehlen, obwohl man in beiden Fällen nur kurz davon Gebrauch machen wird. Aber die kurzen Stellen haben es durchaus in sich. Einen Zeitverlust braucht man also nicht zu befürchten und das geringe Zusatzgewicht für die Sicherheit sollte man nicht scheuen. Der Übergang nimmt etwa eine Stunde in Anspruch.
Die Aussicht vom Bettelwurf ist, wie schon erwähnt wurde, aufgrund seiner exponierten Stellung umfassend. Beschreibung: Die Karwendel-Hauptkette (Hinterautal-Vomper-Kette) kann man von der Pleisenspitze im äußersten Westen bis zur Hochnißlspitze im Osten vollständig überblicken: Pleisenspitze, Große Seekarspitze, Ödkarspitzen, Birkkarspitze, Kaltwasserkarspitze und Sonnenspitze (von links nach rechts). Davor sieht man den westlichen Ausläufer des Roßlochkammes mit Reps und Suntiger Spitze. Der Aufstiegsweg von der Halleranger Alm zur Suntiger Spitze und Reps ist ebenfalls zu erkennen. Der Roßlochkamm erreicht in Gamskarspitze und Hochkanzel größere Höhen und verdeckt teilweise die Hinterautal-Vomper-Kette, dahinter sind jedoch Laliderer Wand und Dreizinkenspitze zu erkennen. Dann folgt die Grubenkarspitze und das weite Grubenkar. Der Hauptkamm senkt sich etwas und gibt den Blick auf Gamsjoch und Vorkarwendel frei. Es folgen Platten-, Spritzkar-, Eiskarlspitze und Hochglück. Die Lamsenspitze ist durch den vom Hochglück über Kaiserkopf zur Huderbankspitze ziehenden Grat verdeckt. Dahinter taucht aber am äußersten rechten Bildrand der Hochnißl auf. Im Süden hat man einen weiten Blick auf die Zentralalpen, insbesondere auf die Zillertaler und die Stubaier Alpen.
Der Abstieg über den Eisengattergrat ist zwar im oberen Teil mit vielen Drahtseilen versichert, aber recht einfach (1:15 bis zur Hütte).
Mit der Bahn nach Innsbruck oder Hall, von dort mit Bus zur Bettelwurfsiedlung am Beginn des Halltals. Bei Anreise mit dem Auto bis zum Parkplatz Bettelwurfeck im Halltal ist der Bettelwurf als Tagestour machbar (ca. 7-8 Stunden Gehzeit). Bei Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln besser mit Übernachtung auf der Bettelwurfhütte, da der Anstieg sich um etwa eine Stunde verlängert. Am zweiten Tag kann man zum Beispiel zum Lafatscher Joch queren, die Speckkarspitze besteigen und über den Issanger zum Ausgangspunkt zurückkehren oder durch das Hinterautal nach Scharnitz absteigen.