Großer und Kleiner Bettelwurf (2725 m, 2650 m)
Die
beiden Bettelwürfe erheben sich 2200 m über dem Inntal und der
alten Stadt Hall und bieten eine umfassende Sicht in die Südflanke
der Karwendel-Hauptkette und in die vergletscherten Zentralalpen, insbesondere
die Zillertaler und die Stubaier Alpen. Der Große Bettelwurf ist
der höchste Gipfel der Gleiersch-Halltal-Kette und wird auch nur von
wenigen Gipfeln der zentralen Hauptkette (Birkkarspitze,
Ödkarspitzen und Kaltwasserkarspitze) um wenige Meter überragt.
Das Bild zeigt den Großen und Kleinen Bettelwurf von Norden (von
der Grubenkarspitze,
vor dem kleinen Bettelwurf die Roßlochspitze und die Hochkanzel,
links das Grubenkar).
Ich hatte mir den Bettelwurf schon lange vorgenommen, aber als es Anfang
Oktober 1999 endlich soweit sein sollte, war soviel Neuschnee gefallen,
daß der Wirt der Bettelwurfhütte
dringend abriet. Für die Saison außergewöhnlich mildes
Wetter ließ den Schnee jedoch wieder dahinschmelzen, so daß
es Ende Oktober dann doch noch klappte. Allerdings waren da alle Hütten
schon geschlossen, so daß nur noch Winterräume zur (bei Anreise
mit der Bahn notwendigen) Übernachtung in Betracht kamen. Die Bettelwurfhütte
(2077 m) hat allerdings keinen eigentlichen Winterraum, sondern nur einen
als Notraum bezeichneten, unverschlossenen Schuppen, in dem u.a.
Brennholz gelagert wird. Ein paar Matratzen und Wolldecken sind alle Annehmlichkeiten,
die man erwarten darf. Eine Quelle soll sich angeblich finden lassen, wenn
man dem Schlauch folgt, der an einem Trog vor der Hütte endet. Man
erreicht die Bettelwurfhütte
am schnellsten aus dem Halltal. An der Stelle, wo sich das Halltal nach
Westen wendet (Bettelwurfeck, Parkplatz), beginnt der gute, an kurzen ausgesetzten
Stellen versicherte Steig zur Hütte (ca. 2 Stunden).
Schon
vom Inntal kann man die zwei breiten, eigenwillig geformten Gipfel gut
sehen. Sobald man sich ihnen nähert, erkennt man, daß sie aus
dicken Kalkbänken aufgebaut sind, die leicht nach Süden geneigt
sind (Im Bild links der Kleine, rechts der Große Bettelwurf). Von
der Bettelwurfhütte führen
zwei Wege auf den Großen Bettelwurf. Recht einfach ist der Normalweg
über den Eisengattergrat. Interessanter ist der Anstieg auf den Kleinen
Bettelwurf und der anschließende Gratübergang zum Großen
Bettelwurf. Beide Wege sind klettersteigartig versichert. Von der Bettelwurfhütte
zunächst den kleinen Bezeichnungen folgend über den steilen Grasrücken
empor. Bei ca. 2400 m kommt man an die Felsen. Die Route führt über
Bänder, Risse und Verschneidungen hoch bis fast zur Scharte zwischen
dem Kleinen und Großen Bettelwurf. Nur kurze Stellen sind mit Drahtseilen
versichert. Von dort in wenigen Minuten zum sichtbaren Gipfelkreuz (1:30
h von der Hütte).
Der
Übergang zum Großen Bettelwurf ist das schwierigste Stück
der Überschreitung. Vom Gipfel des Kleinen Bettelwurfs kehrt man zur
Scharte zurück und quert auf Steigspuren nach Osten zu den Felsen.
Das Bild zeigt den Blick vom Kleinen auf den Großen Bettelwurf. Ewa
auf der Gratschneide an der Licht-Schatten-Grenze verläuft der Klettersteig
auf den Großen Bettelwurf. Den Auftakt bildet ein steiler, versicherter
Aufschwung, der ordentliches Zupacken erfordert. Es folgen drei ähnlich
schwere Stellen. Danach wird es einfacher (I und Gehgelände) und der
Grat ist naturbelassen. Der Klettersteig ist insgesamt recht anspruchsvoll.
Die senkrechten Kletterstellen wären naturbelassen mit der Schwierigkeit
III-IV zu bewerten. Die Bewertung mit I im AVF Karwendel alpin von Klier
ist m.E. falsch, Klier bewertet den deutlich einfacheren Anstieg
auf den Kleinen Bettelwurf dagegen mit III! Der Klettersteig ist von der
Schwierigkeit in etwa mit dem Kaiserschützensteig
auf die Ellmauer Halt vergleichbar (so auch Werner Klettersteige:
Bayern etc.). Selbstsicherung ist zu empfehlen, obwohl man in beiden Fällen
nur kurz davon Gebrauch machen wird. Aber die kurzen Stellen haben es durchaus
in sich. Einen Zeitverlust braucht man also nicht zu befürchten und
das geringe Zusatzgewicht für die Sicherheit sollte man nicht scheuen.
Der Übergang nimmt etwa eine Stunde in Anspruch.
Die
Aussicht vom Bettelwurf ist, wie schon erwähnt wurde,
aufgrund seiner exponierten Stellung umfassend. Beschreibung: Die Karwendel-Hauptkette
(Hinterautal-Vomper-Kette) kann man von der Pleisenspitze im äußersten
Westen bis zur Hochnißlspitze im Osten vollständig überblicken:
Pleisenspitze,
Große Seekarspitze, Ödkarspitzen,
Birkkarspitze,
Kaltwasserkarspitze und Sonnenspitze (von links nach rechts). Davor sieht
man den westlichen Ausläufer des Roßlochkammes mit Reps und
Suntiger
Spitze. Der Aufstiegsweg von der
Halleranger Alm zur Suntiger Spitze und
Reps ist ebenfalls zu erkennen. Der Roßlochkamm erreicht in Gamskarspitze
und Hochkanzel größere Höhen und verdeckt teilweise die
Hinterautal-Vomper-Kette, dahinter sind jedoch Laliderer Wand und Dreizinkenspitze
zu erkennen. Dann folgt die Grubenkarspitze und das weite Grubenkar. Der
Hauptkamm senkt sich etwas und gibt den Blick auf Gamsjoch
und Vorkarwendel frei. Es folgen Platten-, Spritzkar-, Eiskarlspitze und
Hochglück. Die Lamsenspitze ist durch
den vom Hochglück über Kaiserkopf zur Huderbankspitze ziehenden
Grat verdeckt. Dahinter taucht aber am äußersten rechten Bildrand
der Hochnißl auf. Im Süden hat man einen weiten Blick auf die
Zentralalpen, insbesondere auf die Zillertaler und die Stubaier
Alpen.
Der Abstieg über den Eisengattergrat ist zwar im oberen
Teil mit vielen Drahtseilen versichert, aber recht einfach (1:15 bis zur
Hütte).
Mit
der Bahn nach Innsbruck oder Hall,
von dort mit Bus zur Bettelwurfsiedlung
am Beginn des Halltals. Bei Anreise mit dem Auto bis zum Parkplatz Bettelwurfeck
im Halltal ist der Bettelwurf als Tagestour machbar (ca. 7-8 Stunden Gehzeit).
Bei Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln besser mit Übernachtung
auf der Bettelwurfhütte,
da der Anstieg sich um etwa eine Stunde verlängert. Am zweiten Tag
kann man zum Beispiel zum Lafatscher Joch queren, die Speckkarspitze
besteigen und über den Issanger zum Ausgangspunkt zurückkehren
oder durch das Hinterautal nach Scharnitz
absteigen.