Birkkarspitze (2749 m) und Ödkarspitzen (2745 m)
Die
Birkkarspitze
(2749
m, im Bild die Pyramide links über dem Schneefeld, hier von der Vogelkarspitze
gesehen) ist der höchste Gipfel des Karwendels und
liegt in etwa im Zentrum des Gebirges. Sie bietet daher eine
hervorragende Rundumsicht ins Karwendel und weit darüber hinaus.
Eine Besteigung ist eine lohnende Unternehmung. Man kann die
Birkkarspitze von Süden
und Norden auf verschiedenen Wegen erreichen. Wegen der langen Zustiege
durch das Karwendel- oder Hinterautal ist die Birkkarspitze zu
Fuß an einem Tag kaum zu machen. Mit dem Mountainbike lassen sich
die langen Talhatscher erheblich abkürzen, so daß die
Birkkarspitze mehr und mehr als Tagestour "gemacht" wird. Aber auch die
2-Tages-Überschreitung von Nord nach Süd oder umgekehrt mit
An- und Abmarsch zu Fuß hat ihren Reiz.
Die "Rückseite": Ödkarspitze und Birkkarspitze (von links) über dem Birkkar (aufgenommen von der Kaskarspitze).
Von Norden durch das Schlauchkar (Normalweg)
Der Normalweg führt vom Karwendelhaus
(etwas unterhalb der Bildmitte auf dem obigen Bild, Homepage)
auf dem direkten Weg durch das Schlauchkar hinauf zum Schlauchkarsattel
(ca. 2 Stunden). Von dort in 15 Minuten die letzten knapp 100
Höhenmeter weiter auf den Gipfel. Der Gipfelaufschwung
ist ein stellenweise gesicherter und ein etwas ausgesetzter Steig. Im
Schlauchkar hält sich lange
der Schnee und die steile Passage unmittelbar unterhalb des
Schlauchkarsattels
kann bei Vereisung heikel sein. Man sollte die Tour daher nicht im
Frühsommer,
sondern eher im Spätsommer oder Frühherbst unternehmen und im
Zweifel beim Wirt des Karwendelhauses
die Bedingungen erfragen.
Im Abstieg, da man das Schlauchkar teilweise abfahren kann, rund 1,5
Stunden. Als Tagestour mit Anfahrt mit dem MTB bis zum Karwendelhaus
(bis Angeralm einfach, dann steiler und mühsamer, ca. 2 Stunden)
gut machbar (Gesamtfahr- und -gehzeit ca. 8 Stunden). Das Bild zeigt die Birkkarspitze
von der Östlichen Ödkarspitze. Etwa am unteren Bildrand befindet
sich der Schlauchkarsattel. Der Gipfelanstieg verläuft etwas rechts vom Westgrat
(Licht-Schatten-Grenze). Rechts im Hintergrund ist die Kaltwasserkarspitze
(2733 m) erkennbar.
Erstbesteigung durch Hermann von Barth am 8. Juli 1870 - Bericht.
Von Norden über den Brendelsteig
Interessanter,
aber wesentlich länger und weniger überlaufen ist der Brendelsteig,
der nach der Überschreitung der drei Ödkarspitzen von Westen zum Schlauchkarsattel
führt (Versicherter Steig, Versicherungen, teilweise ausgesetzt, Passagen
sehr brüchig). Vom Karwendelhaus steigt man zunächst ins Schlauchkar,
das bald jedoch nach Westen gequert wird. Dann wird recht steil der Nordgrat
der Ödkarspitze erklommen. Dort zweigt übrigens nach Westen ein
alpiner Übergang ab, der durch weite Karwendelkare zur Pleisenhütte
unterhalb der Pleisenspitze führt.
Über den Nordgrat und die schottrige Westflanke erreicht man die Westliche
Ödkarspitze (2711 m, 3 h vom Karwendelhaus). Die
Ödkarspitzen
sind kaum niedriger als die Birkkarspitze, auch von hier kann schon der
Blick frei in alle Richtungen schweifen. Im Bild der Blick nach Westen:
am rechten Bildrand die Große
Seekarspitze, rechts vom Sattel die Kleine Seekarspitze, dahinter die
Breitgriesskarspitze, Große
Riedlkarspitze, im Hintergrund das Wettersteingebirge
mit Leutascher und Zugspitzplatt, links davon die Mieminger Kette mit der
wuchtigen Hohen Munde.
Von
der Westlichen geht es weiter über die Mittlere und Östliche
Ödkarspitze (2745 und 2738 m) zum Schlauchkarsattel und zur Birkkarspitze
(ca 1 h). Man bewegt sich oft direkt auf der Grathöhe, teilweise weicht
man in die schottrige Südflanke aus. Kurze exponierte Stellen
sind mit Drahtseilen versichert (im September 2005 teilweise schadhaft). Der Steig ist bei guten Bedingungen problemlos,
bei Gewitter jedoch äußerst gefährlich (vgl. Berichte
zum Unfall am 16.9.2000). Birkkar- und Ödkarspitzen sind im weiten
Umkreis die höchsten Gipfel. Die Tour sollte daher nur bei stabilem
Schönwetter, idealerweise im Herbst, durchgeführt.
Von Süden durch das Birkkar
Den
Schlauchkarsattel kann man auch von Süden aus dem Hinterautal
durch das Birkkar erreichen. Noch vor der Kastenalm, kurz nachdem
man
den Birkkarbach (einer der Quellbäche der Isar) überquert
hat, zweigt links der Steig ab (markiert). Kurz steil im Wald hinauf,
bevor man lange bei geringer Steigung stets etwas oberhalb des
Birkkarbaches nach Süden steigt. Dabei hat man die Birkkarspitze
stets vor Augen. Im Bild sieht man in der Bildmitte die Birkkarspitze,
links und rechts das Westliche und das Östliche Birkkar, links
unterhalb des Weges der Birkkarbach. Dann rechts wieder steiler hinauf.
Der Graben, der aus dem
Östlichen Birkkar hinunterkommt, wird auf ca. 1700 m
überschritten (dort letzte Möglichkeit, die Wasserflasche
nachzufüllen). Weiter über einige Steilstufen hinauf in die
oberste flache Mulde des westlichen Birkkars, wo man sich nach rechts
wendet. Kurz
mühsam über einen steilen Schutthang zu den steilen Schrofen
unterhalb des Schlauchkarsattels. Die Schrofen sind gut versichert
(Drahtseile, Stahlklammern, im Sommer 2005 machten die Versicherungen
einen neuen und einwandfreien Eindruck). Vom Sattel zum Gipfel siehe
oben. Insgesamt ca.
4-5 Stunden vom Hinterautal bis zum Gipfel.
Kein günstiger Stützpunkt (auf der Kastenalm kann man nicht
übernachten, das Hallerangerhaus liegt rund 500 m höher). Als
sehr lange Tagestour machbar, bei Anfahrt mit dem Fahrrad von Scharnitz
(sehr einfach, ca. 1 Stunde). Zu Fuß von Scharnitz nur mit
Übernachtung auf dem Birkkarhüttl.
Überschreitungen
Der Schlauchkarsattel ist einer der wenigen, durch die künstliche
Steiganlage gut gangbar gemachten Übergänge über die
Karwendelhauptkette.
- Vom Karwendelhaus durch das Schlauchkar zum Schlauchkarsattel,
von dort durch das Birkkar hinunter ins Hinterautal und wieder hinauf
zum Hallerangerhaus (ca. 8-10 Stunden - Abstecher zur Birkkarspitze
zusätzlich 30 Minuten)
- Vom Karwendelhaus über den Brendelsteig auf die
Birkkarspitze mit Überschreitung der 3 Ödkarspitzen, Abstieg
durch Schlauchkar zum Karwendeltal (5-6 Stunden) und ggf. ins Tal
(zusätzlich 3 Stunden)
- Von Scharnitz durch das Hinterautal und Birkkar zum
Schlauchkarsattel (7-8 Stunden), im Birkkarhüttl
(unbewirtschaftet) übernachten und über Schlauchkar oder
Brendelsteig und Marxenkar ins Karwendeltal zurück nach Scharnitz
(ca. 5-7 Stunden). Schöne 2-Tages-Biwaktour.
Blick vom Gipfel
Von
der Birkkarspitze hat man naturgemäß einen umfassenden
Rundblick
auf das Karwendel und weit darüber hinaus. Im Osten fällt der
steile Zahn der Kaltwasserkarspitze (2733 m), der schwierigste der
hohen Karwendelgipfel (Schwierigkeit II in nicht immer festem Fels),
ins Auge. Aufgenommen kurz vor Sonnenuntergang [24.9.2005]. Nach rechts
erstreckt sich der lange Südgrat mit den Sägezähnen und
dem Großen und Kleinen Heißenkopf, über den eine der
Anstiegsrouten auf den Gipfel führt. Alternativ ist der Anstieg
über die dem Gipfel nächste, leicht geschwungene Rinne zum
Südgrat möglich.
Direkt gegenüber im
Norden die
Östliche
Karwendelspitze (2537 m) und die
Vogelkarspitze
(2523 m), die beiden höchsten Gipfel der Nördlichen Karwendelkette,
rechts davon die Grabenkarspitze (2476 m) dahinter die Bayerischen Voralpen (Benediktenwand)
und das Alpenvorland.
Besonders
schöne Blicke hat man auch auf die einsame Falkengruppe. Das Bild
zeigt die gesamte Falkengruppe mit den Hauptgipfeln: Risser Falk, Laliderer
Falk, Steinfalk (von links). Lediglich der
Steinfalk ist über den grasigen Hang von rechts von der Falkenhütte
einfach zu erreichen.
Hüttenzustiege
Das
Karwendelhaus
erreicht man entweder von Hinterriß
(Bus) im Rißtal über den schönen Weg durch das Johannestal
und den Kleinen Ahornboden (ca 2 1/2 - 3 Stunden) oder von Scharnitz über
das Karwendeltal (lang, gut geeignet für Mountainbiker, zu Fuß
3-4 Stunden). Das Bild zeigt die Birkkarspitze vom Filzboden nördlich
oberhalb des Kleinen Ahornbodens (auf dem Weg zum Kuhkopf).
Als Tagestour sind Birkkar- und Ödkarspitzen daher kaum zu machen.
Plant man eine Übernachtung im Karwendelhaus
ein, bietet es sich an, am ersten Tag noch die Östliche
Karwendelspitze (2537 m) oder andere Gipfel der nördlichen Karwendelkette mitzunehmen, von deren Gipfel der Tourenverlauf
für den folgenden Tag gut einsehbar ist (vgl. Bild oben).
Gehzeiten:
-
Hinterriß (928 m) - Karwendelhaus
(1765 m): 850 Hm, 2:30 h
-
Karwendelhaus - Brendelsteig
- Mittlere Ödkarspitzen: 1000 Hm, 2:45 h
-
Mittlere Ödkarspitze - Birkkarspitze (2749 m): Gegensteigungen, 1:15
h
-
Birkkarspitze - Schlauchkar - Karwendelhaus:
1000 Hm, 1:15 h
-
Karwendelhaus - Scharnitz (964
m): 800 Hm, 3:15 h
Ausgangspunkt
für den Hüttenzustieg zum Karwendelhaus
ist entweder Hinterriß (ab
Juni 2001 wieder gute Busverbindung von
Lenggries)
oder Scharnitz (langer Talhatscher,
besser mit Mountainbike). Die schöne 2-Tages-Überschreitung läßt
sich gut mit der Besteigung der Östlichen
Karwendelspitze kombinieren.
Aus der Tiroler
Tageszeitung vom 17.9.2000 (vgl. auch ORF
ON)
Blitzschlag löste eine Tragödie aus
Drama im Karwendel: Als eine deutsche Bergsteigergruppe von der Ödkarspitze
abstieg, schlug ein Blitz in ein Sicherungsseil aus Stahl ein. Zwei Frauen
starben, zwei Männer wurden schwer verletzt.
SCHARNITZ. „Fünf gehunfähige Personen mit Lähmungserscheinungen“,
meldete Samstag gegen 17.30 der Wirt des Karwendelhauses im Bereich der
Birkkarspitze. Der Startschuss für einen Wettlauf gegen den Tod. Das
Wetter nebelig und feucht, zu schlecht für einen Hubschraubereinsatz.
Scharnitzer und Seefelder Bergretter unter der Einsatzleitung von Otto
Neuhauser versuchten gegen 19 Uhr, vom Karwendelhaus aus zu Fuß die
Verunglückten zu erreichen. Plötzlich lichtete sich der Nebel,
Pilot Toni Steiner konnte mit dem Rettungshubschrauber „Martin VII“ zur
Ödkarspitze vordringen. Unterhalb des östlichen Gipfels
stießen die Retter auf die Gruppe. Und erkannten erstmals das Ausmaß
der Tragödie: zwei Tote, zwei Schwerverletzte, drei Leichtverletzte.
Steiner gelang es, einen Flugretter bei den Bergsteigern abzusetzen. Die
Taubergung der beiden Schwerverletzten scheiterte. „Durch einen Windstoß
sackte der Hubschrauber ab“, weiß der Einsatzleiter: „Die Aktion
musste abgebrochen werden.“ Nun lag das Schicksal der verletzten Bergsteiger
wieder in den Händen der Bergretter. Gegen 21 Uhr erreichten die Helfer
die unbewirtschaftete Birkkarhütte in 2635 Meter Höhe, in die
sich die Deutschen geflüchtet hatten. Neuhauser erinnert sich an „schwer
geschockte Bergsteiger, ein Mann hatte eine Schädelverletzung, sein
Kamerad war teilweise gelähmt.“ Schlechte Voraussetzungen für
einen nächtlichen Gewaltmarsch zum Karwendelhaus. Dennoch nahmen Bergretter
und Verunglückte den schwierigen Abstieg in Angriff. „Tapfere Menschen,
sogar die beiden Schwerverletzten schafften den Weg zu Fuß“, so Neuhauser.
Vier Stunden später, Sonntag gegen ein Uhr, erreichte die Gruppe das
Karwendelhaus, wo bereits ein Notarzt wartete. Die beiden Schwerverletzten
wurden noch in der Nacht in die Krankenhäuser nach Innsbruck bzw.
Garmisch gebracht. Der Rest der Gruppe fuhr Sonntag Nachmittag im Gendarmeriebus
nach Seefeld. Nach mehreren wetterbedingten Verschiebungen gelang es der
„Martin VII-Besatzung Sonntag gegen 18 Uhr doch noch,
die Leichen zur Angeralm zu fliegen. Vater verlor Tochter Die Gruppe war
Samstag gegen 8.30 Uhr vom Karwendelhaus in Richtung Birkkarspitze aufgebrochen.
Zu spät, sagen die Bergretter: „Ab Mittag war Schlechtwetter angesagt.“
Auf dem Rückweg von der Ödkarspitze, gegen 15.30 Uhr, spielte
das Wetter Schicksal. Die Deutschen stiegen durch eine mit einer Stahltrosse
gesicherten Scharte ab, als ein Blitz in das Seil einschlug. Gabriele Lange
(38) und Simone Mai (36) waren auf der Stelle tot. Der Vater von Mai wollte
sich noch schützend über seine Tochter werfen vergeblich. Der
Mann erlitt eine schwere Lähmung, seine Ehefrau verlor das Bewusstsein,
konnte aber wiederbelebt werden. Ein Bergsteiger stürzte nach dem
Blitzschlag in die Tiefe, schwere Kopfverletzungen waren die Folge. Drei
Urlauber waren durch den Blitz teilweise gelähmt. Dennoch erreichten
die Alpinisten die Birkkarhütte. Eine dort anwesende Frau lief zum
Karwendelhaus und schlug Alarm.