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Östliche Karwendelspitze, Vogelkarspitze, Grabenkarspitze

Auf den Spuren Hermann von Barths

Östliche KarwendelspitzeDie Östliche Karwendelspitze (2537 m) und die Vogelkarspitze (2523 m) sind die beiden höchsten Gipfel der Nördlichen Karwendelkette. Sie bilden ein markantes Gipfelpaar, das vom Alpenvorland und den Voralpengipfeln gut zu erkennen ist (z.B. vom Estergebirge oder vom Schafreuter). Rechts die trapezförmige Vogelkarspitze, links davon die asymmetrische Pyramide (zur Vogelkarscharte steiler absinkend) der Östlichen Karwendelspitze. Nach Norden fallen die beiden Gipfel mit steilen Wänden ab. Von Süden zeigen sie sich erheblich zahmer. Das Bild, aufgenommen von Ödkarspitze, zeigt die Östliche Karwendelspitze in der Mitte, links - durch das Vogelkar getrennt - die Vogelkarspitze, rechts - durch das Grabenkar getrennt - die Grabenkarspitze.
Beide Gipfel bieten eine hervorragende Aussicht auf die Voralpen im Norden und die Karwendelhauptkette im Süden. Insbesondere die zentrale Gruppe der Birkkar- und Ödkarspitzen, die direkt gegenüber liegen, läßt sich von ihren Gipfeln hervorragend studieren. Der Verlauf des Normalwegs durch das Schlauchkar auf die Birkkarspitze und der Brendelsteig auf die Ödkarspitzen sind gut zu erkennen.
Östliche Karwendelspitze und Vogelkarspitze werden recht selten besucht, da auf keinen der beiden Gipfel ein bezeichneter Steig führt. Ihre Besteigung erfordert etwas Orientierungssinn und leichte Kletterei (I). Dennoch oder gerade deswegen ist die Besteigung ein sehr lohnendes Unternehmen. Man kann diese Berge fast noch so ursprünglich erleben wie Hermann von Barth, der große Karwendelerschließer, bei der Erstbesteigung im Sommer 1870. Es ist auf beiden Gipfeln recht ruhig geblieben. Wenn man Birkkarspitze nicht - wie heutzutage fast üblich - mit Radlunterstützung an einem Tag macht, sondern mit Übernachtung auf dem Karwendelhaus, bietet sich für den ersten Tag die Besteigung der Östlichen Karwendelspitze oder Vogelkarspitze an, von wo aus man das Ziel für den nächsten Tag hervorragend "rekognoszieren" kann.
Beide Gipfel können als lange Tagestour von Hinterriß unternommen werden (5 Stunden Aufstieg, 4 Stunden Abstieg). Schön auch als Überschreitung Hinterriß - Scharnitz (letzter Zug von Scharnitz gegen 20:00). Schöner jedoch mit Übernachtung auf dem Karwendelhaus (Kombinationsmöglichkeit mit Birkkar- und Ödkarspitzen).
Hermann von Barth [Zum Vergrößern anklicken]Man kann auch - wie der große Karwendelerschließer Hermann von Barth bei der Erstbesteigung am 4.7.1870 (vgl. Aus den Nördlichen Kalkalpen S. 420 ff. - Volltext) - beide Gipfel hintereinander besteigen. Dazu beginnt man am besten mit der Vogelkarspitze, steigt wieder bis zum Fuß des Rückens ab, quert das Vogelkar und steigt an geeigneter Stelle auf den Südrücken der Östlichen Karwendelspitze, wo man bald auf Spuren und Steinmandl stößt. Diese Reihenfolge ist empfehlenswert, da man dann am Ende die zügige Geröllabfahrt durch das Grabenkar hat. H. von Barth stieg zunächst auf die Östliche Karwendelspitze und auf dem Anstiegsweg soweit zurück, bis er ins Vogelkar absteigen konnte. Die direkte Verbindung über den Ostgrat der Vogelkarspitze, Vogelkarscharte und den Westgrat der Östlichen Karwendelspitze ist eine Kletterei des III. und IV. Grades.

Östliche Karwendelspitze (2537 m)

Östliche Karwendelspitze und Vogelkarspitze mit Wegmarkierungen [Zum Vergrößern anklicken]Die Östliche Karwendelspitze (2537 m) ist ein lohnendes Gipfelziel in der Nördlichen Karwendelkette und bietet großartige Ausblicke auf Birkkar- und Ödkarspitzen, die höchsten Gipfel des Karwendels, die direkt vis-à-vis liegen. Auf die Östliche Karwendelspitze führt kein bezeichneter Weg. Der Weg ist jedoch anhand der Begehungsspuren und Steinmänner gut zu finden. Auf dem Bild läßt sich der komplette Weg verfolgen. Wichtig ist die breite Schotterrinne, die an der Ostseite des Berges den Latschengürtel deutlich durchschneidet. Vom Karwendelhaus nimmt man zunächst den Steig zum Bärnalpl. Man verläßt ihn westlich des Grabens, der vom Grabenkar herabzieht, nach rechts. Kommt man vom Kleinen Ahornboden, kann man vom Hochalmkreuz (1803 m) ohne Höhenverlust unter Umgehung des Karwendelhauses hierhin queren. Dann steigt man diese im dunklen Latschengürtel deutlich erkennbare Schotterrinne hinauf (deutliche Zickzack-Spuren im Geröll). Oberhalb des Latschengürtels quert man im grasig-schrofigen Gelände (Spuren und Steinmandl) nach Westen (auf dem Bild links) und steigt dann etwa an der westlichen Begrenzung des schrofigen Südhangs ("Wank", ebenfalls recht deutliche Begehungsspuren und Steinmandl) hinauf. Über Schotter zum Gipfelgrat und über diesen in kurzer Kletterei (I) hoch zum Gipfel.
Soierngruppe von Süden [Zum Vergrößern anklicken]Vom Gipfel der Östlichen Karwendelspitze hat man eine fantastische Rundsicht. Im Norden wird die freie Sicht durch nichts behindert: tief unten Rohn- und Tortal, dahinter in der Tiefe gestaffelt die Soierngruppe, die Voralpen und die oberbayerische Ebene. Das Bild zeigt die vollständige Soierngruppe, Estergebirge mit Krottenkopf und Simetsberg, Heimgarten und Herzogstand (von links nach rechts) bilden den Hintergrund. Im Süden beherrscht die mächtige Gruppe der Birkkar- und Ödkarspitze das Bild. Weiter nach Osten sieht man die gewaltige, geschlossene Mauer der Hauptkette zwischen Kaltwasserkarspitze und Lamsenspitze. Im westlichen Teil der Hauptkette blickt man in die mächtigen Hochkare, die recht steil ins Karwendeltal abbrechen, darüber Marxenkarspitze, Seekarspitze usw. Der Weg vom Karwendeltal ins Marxenkar ist gut zu erkennen.
Zum Abstieg bietet sich die zügige Geröllabfahrt durch das Grabenkar an. Vom Gipfel über den Grat Richtung Westen zurück bis zu der markanten Einschartung. Dann hinab in die Südflanke bis zu einem Steinmann. Stets links haltend (weitere Steinmänner) zu einer kurzen Rinne, die zum höchsten Punkt des Grabenkars hinabzieht. Nunmehr ohne Schwierigkeiten und Orientierungsprobleme in zügiger Geröllabfahrt durch das Grabenkar hinab bis man im Tal wieder auf den Aufstiegsweg stößt.

Gehzeiten:

Ausgangspunkt für den Hüttenzustieg zum Karwendelhaus ist entweder Hinterriß (ab Juni 2001 wieder gute Busverbindung von Lenggries) oder Scharnitz (langer Talhatscher, besser mit Mountainbike). Die schöne 2-Tages-Überschreitung läßt sich gut mit der Besteigung der Birkkarspitze kombinieren.

Vogelkarspitze (2523 m)

Auf der Vogelkarspitze ist es noch deutlich ruhiger als auf der Östlichen Karwendelspitze. Von Norden zeigt sich der breite Gipfelgrat als markantes Trapez. Der Gipfelgrat wird von zwei breiten Rücken getragen, die er nach Süden entsendet. Zwischen diesen beiden Rücken ist das Hintere Schlichtenkar eingelagert. Vom Karwendeltal trennt sie ein breiter Latschengürtel. Dieser Latschengürtel stellt bei einer Besteigung der Vogelkarspitze das Hauptproblem dar. Man könnte fast meinen, die Vogelkarspitze habe sich diesen fast undurchdringlichen Latschenpanzer zugelegt, um aufdringliche Bergsteiger abzuwehren.
Auf die Vogelkarspitze führt kein bezeichneter und markierter Steig (vgl. oben das Bild mit dem eingezeichneten Wegverlauf). Vom Vogelkar bis zum Gipfel ist der Weg logisch und das Gelände überall gangbar. Um das Vogelkar zu erreichen, bedarf es jedoch eines ausgeprägten Orientierungssinns. Der Alpenvereinsführer beschränkt sich auf die knappe und wenig hilfreiche Beschreibung: "Vom Karwendelhaus auf dem zum Bärnalpl führenden Steig, bis man nach rechts ins Vogelkar aufsteigen kann."
Vom Karwendelhaus wie beim Anstieg zur Östlichen Karwendelspitze zum Fuß der erwähnten Schotterrinne. Von dort führt ein schwach ausgeprägter Steig auf etwa gleichbleibender Höhe von 1800 m nach Westen. Der Steig ist in der aktuellen AV-Karte korrekt eingezeichnet (gepunktet). Wenn man sich die Karte und das Gelände genau anschaut, kann man ihn mit etwas Spürsinn finden. Im Abstieg orientiert sich am westlichen Fuß des Wank. Sobald man das Vogelkar erreicht hat, das links und rechts von steilen Wänden eingefaßt ist, quert man auf ca. 2000 m nach Westen zum Fuß des grasigen Rückens, der das Vogelkar westlich begrenzt.
Östliche Karwendelspitze von der Vogelkarspitze [Zum Vergrößern anklicken]Der Rücken läßt sich am Fuß leicht ersteigen. Von nun an ist die Wegführung keinerlei Problem mehr. Man steigt den breiten grasigen Rücken hinauf, stets den besten Möglichkeiten folgend. Die kleinen felsigen Abbrüche lassen sich meist im Grasgelände einfach und bequem umgehen, auch ihre direkte Übersteigung erfordert bei günstiger Routenwahl nie mehr als Kletterei des I. Grades. Markierungen gibt es bis auf einige wenige Steinmandl praktisch keine, der Weg ist aber logisch und offenkundig. Der Blick auf die Östliche Karwendelspitze und die Hauptkette öffnet sich immer mehr (Bild). Der Rücken führt hinauf zu einem kleinen Holzkreuz am östlichen Ende des breiten Gipfelgrates. Dort auch eine Kassette mit einem Gipfelbuch, das durchschnittlich weniger als eine Besteigung pro Woche verzeichnet. Man kann einfach nach Westen zu dem höchsten Punkt (Steinmann) und zum westlichsten Punkt des Grat hinübergehen (Steinmann).

Überschreitung Bäralplkopf - Schlichtenkarspitze

Bäralplkopf, Schlichtenkarspitze, Vogelkarspitze, Östliche Karwendelspitze, Grabenkarspitze (20.9.03) [Zum Vergrößern anklicken]Man kann die Vogelkarspitze auch von Westen nach Überschreitung des Bäralplkopfs und der Schlichtenkarspitze erreichen. Im Bild (aufgenommen von der Seekarscharte) ganz links der Bäralplkopf (das Bäralpl selbst ist verdeckt), dann nach rechts der Grat über Schlichtenkarspitze zur Vogelkarspitze, hinter dem tiefen Einschnitt des Vogelkars die Östliche Karwendelspitze und Grabenkarspitze.
Bärnalpl von Norden [ZUm Vergrößern anklicken]Von Scharnitz mit dem Fahrrad im Karwendeltal bis kurz vor der Angeralm (einfach, ca. 1 Stunde). Vor dem Almgelände links in einen Forstweg und dann auf einen schwach ausgeprägten Steig entlang des Bäralpgrabens im steilen Wald hinauf (vgl. AV-Karte). Auf ca. 1780 m stößt man auf den Bäralpsteig. Nun weglos über die steilen Grashänge auf den Bäralplkopf (auch Bärnalplkopf, 2323 m, Steinmann, Grenzstein, im Bild links über dem Bäralplsattel). Weiter über den Grat unschwierig auf die Vordere (2356 m, Grenzstein) und Hintere Schlichtenkarspitze (2473 m, Grenzstein). Steil hinab nach SO zu einem Sattel. Dann wieder hinauf auf dem Grat, der direkt zum westlichen Eckpunkt der Gipfelschneid der Vogelkarspitze führt. Teilweise dem zerscharteten Grat in die Südflanke ausweichen. [24.5.2003]
Birkkarspitze und Ödkarspitzen von der Vogelkarspitze [Zum Vergrößern anklicken]Der Blick von der Vogelkarspitze ist demjenigen von der Östlichen Karwendelspitze nahezu ebenbürtig. Im Süden beherrscht die mächtige Gruppe der Birkkar- und Ödkarspitze das Bild. Der Anstieg durch das Schlauchkar oder über den Brendelsteig läßt sich gut verfolgen (Bild). [14.7.2001]
Birkkarspitze und Ödkarspitzen von der Vogelkarspitze [Zum Vergrößern anklicken]
Die beiden Bilder zeigen die gesamte westliche Hauptkette. Im rechten Bild: Marxenkarspitze (2636 m), Große Seekarspitze (2677 m), Breitgriesskarspitze (2590 m), Große Riedlkarspitze (2585 m), Larchetkarspitze (2541 m), Pleisenspitze (2567 m).

Gehzeiten:

Grabenkarspitze (2471 m)

Grabenkarspitze aus dem Lackenkar [Zum Vergrößern anklicken]Die Grabenkarspitze flankiert das Grabenkar auf der östlichen Seite. Sie läßt sich weglos, aber relativ unschwierig ersteigen. Vom Hochalmsattel durch die Latschenzone hinauf in das Lackenkar (mit Hilfe der AV-Karte und etwas Geländegespür läßt sich der günstigste Durchschlupf durch die Latschen finden). Im Lackenkar (benannt nach kleinen Tümpeln im Kar) auf ca. 2100 m nach Westen queren und über den Südrücken (Bild) zum Gipfel (steiles Gras, Schrofen und plattige Felsen (I)). Auf dem Gipfel ein großer Steinmann. [19.6.2005]

Gehzeiten:

Ausgangspunkt für den Hüttenzustieg zum Karwendelhaus ist entweder Hinterriß (ab Juni 2001 wieder gute Busverbindung von Lenggries) oder Scharnitz (langer Talhatscher, besser mit Mountainbike). Die schöne 2-Tages-Überschreitung läßt sich gut mit der Besteigung der Birkkarspitze kombinieren.